Sonntag, 21. Februar 2010

Midwinter Marathon Apeldoorn



Als ich mich im Dezember für den Midwinter Marathon angemeldet hatte, war ich noch voller Euphorie und konnte es kaum abwarten, endlich auch mal in den Niederlanden zu laufen. Doch jetzt sieht alles anders aus.
Seit Mitte Januar plagen mich Schmerzen am linken Fußballen, Den Ultramarathon im Rodgau Ende Januar, konnte ich noch so halbwegs laufen, aber nun wird es immer schlimmer. Dazu kommt noch eine Erkältung zwei Wochen vorm Midwinter Marathon. Ich trainiere nur noch das Nötigste um nicht unnötig den Fuß zu belasten.

Wettkampftag :

Aufstehen um 4 Uhr ! Schnell noch Frühstücken, letzte Dinge in die Tasche packen, kurz relaxen beim Winter Olympia TV, und um 5:30 Uhr fahre ich los. Auf der A3 gibt es plötzlich heftigen Schneefall, ich schleiche mit 50km/h über die Autobahn. Wenn das mal nicht knapp wird mit der Zeit. Doch zum Glück läßt der Schneefall nach dem Siebengebirge nach, und ich kann wieder zügig weiter fahren. Auf den letzten Tropfen Sprit komme ich doch noch zeitig in Apeldoorn an. Der Versuch irgendwo im Start/Zielbereich zu Parken schadet kläglich, und so fahre ich auf einen der zwei Pendelparkplätze außerhalb der Stadt.



6:15 Uhr, heftiger Neuschnee auf der A3. Vor mir liegen noch ca.300km Autofahrt, 42,2km Marathon laufen und 380km Heimfahrt.



Der Start/Zielbereich ist komplett abgeriegelt, da hilft nur die vorgeschriebenen Bustransfer Parkplätze zu nutzen



gut organisierter Bustransfer zum Start/Zielbereich



gute Stimmung im Pendelbus

Mit dem Bus geht es nun direkt zum Marathonzentrum im Orpheus. Hier ist alles etwas unübersichtlich und durcheinander. Keiner kann mir so genau sagen, wo ich denn meine Tasche abgeben kann. Wo ist denn bitte die Kleiderbeutel Abgabe ? Draußen beim Start und Zielbereich sagt man mir bei einem Infostand. Naja, dann also erst mal umziehen, den Problemfuß mit Diclofenac einreiben, wundgelaufene Blase an der Achillessehne abkleben, und ab nach draußen. Ich laufe einfach den anderen hinterher, welche auch noch ein Kleiderbeutel in der Hand haben. Ich habe schon ein halben Fußmarsch hinter mir, und noch immer keine Sammelstelle für die Sachen in Sicht. Ich frage nochmal, doch niemand weis so recht Bescheid. Weg nochmal zurück zum Start. Es sind noch 20 Minuten, ich werde langsam nervös. Was mache ich denn jetzt mit der Tasche ? Ich frage nochmal. Ich bekomme die Antwort, ein paar hundert Meter vom Start weg, da ist eine Schule. Dort wäre die Kleideraufbewahrung. Ich jogge mit der schweren Tasche in der Hand die Straße hinunter. Um 11:50 Uhr finde ich die Schule und stelle meine Tasche zu einem Haufen anderer in einem Raum. Von Kleiderabgabe kann hier keine Rede sein. Na wenn das mal gutgeht….. Wieder zurück zum Start joggen……ich bin jetzt schon platt von dieser Aktion. 11:58 Uhr, ich bin am Ende des Startbereiches angekommen. Keine Chance mehr nach vorne zu kommen. Egal jetzt, es wird irgendwie gehen, die Straße ist ja einigermaßen breit.



Willkommen zum Midwinter Marathon 2010



Das Orpheus, Marathoninformationszentrum



Eingang ins Orpheus



Dichtes Gedrängel. Kein Wunder, den hier gibt es was umsonst. Die begehrten T-Shirts zum Lauf



Im Orpheus wartet man auf den Start



Kurz vorm Start, die "Grote kerk" leicht im Nebel



Holländische "Dixies"



Darf in Holland natürlich nicht fehlen. Pommesbude gleich neben dem Ziel

12 Uhr der Startschuß fällt

Es dauert 1:30 Minuten bis ich endlich im dichten Gedrängel die Startlinie überquere. Nun geht der Slalomlauf los. Immer wieder ausgebremst. Das wird mich am Ende viel Kraft kosten. Die breite Straße „Loolaan“ zweigt nun am Denkmal „De Naald“ ab in die „Jachtlaan“. Es ist mal wieder wie immer. Ich möchte gerne schneller laufen, aber ich werde ständig ausgebremst. KM1 drücke ich dennoch mit 4:28min/km und KM2 sogar mit 4:20min/km.



"Apeldoorn in beweging", na dann mal los



Auf gehts. 42,2km auf der lt. Veranstalter anspruchsvollen Strecke
Foto: Wim Derksen / AV '34 Apeldoorn

Die Strecke führt jetzt durch ein Wohngebiet. Am Freizeitpark „Berg en Bos“ verzweigt sich die Strecke. Wir müssen erst einmal noch eine kleine Schleife laufen, bevor es in die Wälder westlich von Apeldoorn geht. Die Strecke wird immer schmäler, aber inzwischen hat sich das Feld zum Glück auseinander gezogen. Wieder am Eingang vom „Berg en Bos“ angekommen, da kommt das KM5 Schild. 21:45 Minuten stehen auf der Uhr. Das ist eigentlich mal wieder viel zu schnell. Ich weis, dass ich nicht richtig fit bin, der linke Fuß mit dem durchgetretenen Quergewölbe wird sich auch bald melden, und die Strecke ist doch entgegen meiner Erwartungen leicht hügelig. Nicht drüber nachdenken, denn erst mal kommt der Verpflegungspunkt 1, und ich habe Durst. Bis ich schnalle was da abgeht, da bin ich auch schon vorbei und habe leider nur Tee in der Hand ! Egal jetzt, weiter geht es die „J.C. Wilslaan“ leicht abschüssig hinunter. KM6 mit 4:04min/km gelaufen. Abzweig auf den „Soerenseweg“. Jetzt haben wir Apeldoorn endgültig hinter uns gelassen. Die größere der beiden Runden im Wald Gebiet um „Hoog Soeren“ und „Assel“ muß erst mal gelaufen werden. Der leichte Anstieg der Strecke bringt den Puls zum ersten Mal auf die Höchstmarke von 172 (94%). KM 7 und 8 im Schnitt mit 4:36min/km ist dafür echt ok. Allerdings schwinden mir jetzt schon die Kräfte. Vorbei am kleinen Dorf Hoog Soeren, Strecke wieder leicht abschüssig. KM10 Marke, Zeit 43:50. Das ist mehr als im Plan. Mal sehen vielleicht kann ich heute ne Sub 3:10 schaffen. Weiter geht es auf dem „Pomphulweg“. Eine dünenartige Landschaft erscheint jetzt. Sehr seltsam ? Hier sieht es aus, als wäre das Meer gleich um die Ecke. Am Verpflegungspunkt 2 kann ich jetzt endlich Wasser ergattern. Trostlos diese Gegend, hier gibt es nichts zu sehen. Die Strecke zieht sich. Da endlich ! Zuschauer ! Ein paar Menschen stehen am Ausflugslokal „Halte Assel“ und feuern uns beim Abzweig auf den Weg „Assel“ an. Nicht mehr so schön zu laufen, ein schmaler Fahrradweg. Der Problemfuß meldet jetzt erste Schmerzen. Erst KM14, meine Güte, was habe ich mir da wieder eingebrockt. 1:01:18 die Zeit, was im Moment ein Schnitt von 4:23min/km bedeutet. Das ist doch gar nicht schlecht. Aber wenn ich daran denke, dass ich noch 28km vor mir habe…..Ich fange mit einem Niederländer ein Gespräch an, um nicht weiter darüber nachzudenken. Er ist auch am jammern, viel zu kalt für gute Zeiten, so seine Meinung. Der Weg ist jetzt auch nicht mehr asphaltiert, aber da bin ich ja aus den letzten paar Wochen laufen auf Schnee viel schlimmeres gewohnt. Nochmal Getränk aufnehmen bei KM15. Bäääh, was ist das ? Schmeckt ja wie Fanta. Das ist ja der pure Zucker ! Was geben die denn hier für einen Kram raus ? Ich kann das nicht saufen ! Weg damit. Abzweig nach rechts auf die Bundesstraße in Richtung Apeldoorn. Gleich mal heftiger Anstieg. Das macht mich noch kaputt. Ich dachte hier wäre alles halbwegs eben. Hier und da mal ein Anstieg, aber sowas, das hatte ich nicht auf der Rechnung. Die KM Zeiten gehen jetzt doch über die 4:30’er Marke hinaus. Nur Bundesstraße wie trostlos, ich klammere mich krafthaft an meinen Vordermann. Wenn nur diese ständige leichte Steigung bald vorbei ist. Bei KM20 scheint es endlich ein wenig abschüssig zu werden. Mit einem kaum gefüllten Becher Wasser von VP4 versuche ich jetzt das Gel runter zu spülen. Was für ein gefummel, mit den kalten Fingern, da klappt ja heute irgendwie gar nichts. Jetzt ist mal ein bisschen Erholung angesagt auf der etwas abfälligen Strecke. Mal rechnen KM20, 1:28:48 macht 4:26min/km im Schnitt. Das müßte doch zu schaffen sein mit der Sub 3:10. Jetzt kann man ein bisschen Zeit gutmachen. Schnitt wieder unter 4:30min/km. Apeldoorn ist nicht mehr weit, dann wird auch die Zuschauerunterstützung wieder dabei sein. Die ersten Häuser kommen. Endlich wieder Abwechslung. Runter von der Bundesstraße in den „Soerenseweg“ hinein. Super das geht ja fast nur runter. Das könnte der Vorteil für die 2. Runde werden. Abzweig in die „Juniperlan“, rein in die „Wildernislaan“ mit dem VP5 bei KM25. Hier ist wieder Stimmung. Das beflügelt mich. Die Läufer/innen der "Asselrunde" (26,7km) haben es gleich geschafft. Die sind echt zu beneiden ! Das hätte mir heute auch gereicht. Am Denkmal „De Naald“ muß ich abzweigen. Für die meisten Läufer/innen geht es zum Ziel.



Das Denkmal "De Naald" Hier kommt man exakt 3x vorbei, doch so richtig wahrgenommen hab ich das Ding nicht. Bildquelle: Wikipedia User Brbbl

Ich habe noch gut 16km vor mir. Runde 2, nochmal Wohngebiet. KM28 kommt. Zeiten jetzt etwas über 4:30min/km. Es geht nun wieder leicht nach oben. Am „Berg en Bos“ gibt es diesmal keine Schleife zu laufen. VP6 bei KM30, ich brauch was zu trinken. Ich rufe nach Wasser, aber keiner hält einen Becher für mich bereit. Das gibt es doch nicht. Verärgert laufe ich weiter und fluche vor mich hin. Plötzlich kommt da von hinten ein Streckenposten auf dem Fahrrad, der diese Aktion wohl mitbekommen hat. Er reicht mir einen vollen Becher mit Wasser. Das nenn‘ ich Service. Ich bedanke mich mehrmals bei Ihm. Hinauf die „J.C.Wilslaan“. Das kommt mir jetzt natürlich alles viel steiler vor als in der ersten Runde. Mir brennen die Füße. Der angeschlagene Ballen schmerzt. Meine Zeiten liegen jetzt um die 4:45min/km. Mehr ist jetzt einfach nicht mehr drin. Wenn es jetzt nicht mehr zur Sub 3:10 reicht, dann ist es auch ok. Das hier in Apeldoorn ist alles andere als ein Spaziergang. Aber völlig wegbrechen, nee…. das will ich auch nicht. Zähne zusammen beißen. Bald kommt doch die abschüssige Straße nach Apeldoorn rein, vielleicht geht da ja noch was. Aber erst muß ich hier mal durch. Über den „Soerenseweg“ wieder Richtung Hoog Soeren. Diesmal aber der Abzweig in den „Kampsteeg“ vor der kleinen Siedlung Hoog Soeren. „Kampsteeg“, das passt ja gut, klingt irgendwie nach kämpfen. Und das muß ich jetzt hier auch, denn die letzten beiden Kilometer habe ich im Schnitt mit 4:47min/km absolviert. Jetzt rebelliert auch noch der Magen, aber kein Wunder bei dieser Getränkezusammenstellung. Das 2.Gel, und auch den Riegel schenke ich mir heute, sonst wird das immer schlimmer mit dem Magen. Umsonst das ganze Zeug mitgeschleppt. Los jetzt, nochmal alles geben. Ich kann das 35km Schild schon sehen. 4:14 für den letzten KM und Gesamtzeit 2:36:13 bei KM35. Na also, es ist noch nicht vorbei mit der Sub 3:10 ! Abzweig auf die Bundesstraße nach Apeldoorn kommt. Noch einmal ein kleiner Anstieg, vorbei an VP7. Wasser geschnappt. Bääh ! Warmes Wasser ! Also was soll denn das alles ? Ich trinke trotzdem, und der Magen grummelt noch mehr. Ernüchterung ! KM36 drücke ich mit ner 4:57min/km ab. Aber jetzt ist die Steigung geschafft, Fahrt aufnehmen für die letzten 6km. Leicht abschüssig geht es weiter, ich versuche nochmal ein bisschen anzuziehen. KM37 4:05min/km ! 2:45:15 die Gesamtzeit. Mal kurz überschlagen……wenn ich mit 4:30’er Zeiten weiterlaufe, dann sollte es reichen für die Sub 3:10. Weiter so, nicht nachlassen. KM38 mit 4:34min/km ist immer noch gut. 4KM noch. Vor mir sehe ich eine Frau vom 100. Marathon Club laufen. Sie hat das Rodgau Halstuch um, genau wie ich. Beim vorbei laufen rufe ich „Rodgau !“. „Rodgau war schlimmer“ antwortet Sie. Und da hat Sie Recht. Das ist doch hier wirklich ein Klacks, gegenüber den Schneeverwehungen vom Rodgau Ultra. Runter die „J.C. Wilslaan“, Abzweig „Soerenseweg“. KM 39 in 4:16min/km. Wieder ein paar Zuschauer an der Strecke. Letzter Verpflegungspunkt in der „Wildernislaan“ kommt, aber ich nehme nichts mehr. Jetzt nochmal Kontrolle bei KM 40. 2:58:34 ! Das müßte jetzt mit dem Teufel zugehen, wenn ich das noch aus der Hand gebe. Obwohl, die Strecke ist wieder eben. Noch nicht zu früh freuen. „2e Beukenlaan“ durch, Abzweig in den „Amersfoortseweg“ KM41 3:03:02. Da langt ganz locker. Das Denkmal „De Naald“ kommt näher. Ich kann jetzt schon feiern. Jetzt kommt der Triumpf. Runter geht es die „Loolaan“ in Richtung Ziel. Endlich mal mehr Stimmung. Ich ziehe nochmal an. Gleich ist es geschafft. Alle Qualen sind gleich beendet. Der Zielbogen kommt. Sogar die Bruttozeit ist noch unter 3:10. Hurra !!! Ich hab‘s gepackt ! 3:08:25 am Ende. Was für eine Aktion ! Sofort bekomme ich die Finisher Medaille, und eine wärmende Decke gereicht. Erst mal mit Getränken versorgen. Jetzt ist es ja egal was der Magen sagt. Zum Essen gibt es hier scheinbar nichts. OK, dann gleich zum duschen.



die Qual hat ein Ende, die letzten Meter von Apeldoorn
Foto: Wim Derksen / AV '34 Apeldoorn



wieder mal geschafft. Marathon Nr.18 gefinished
Foto: Wim Derksen / AV '34 Apeldoorn

Mindestens 10 Minuten brauche ich um vom Ziel bis zu der Schule zu gehen, in der sich hoffentlich noch meine Tasche befindet. Tasche noch da, alles ehrliche Leute hier in Apeldoorn :-) . Jetzt höre ich, dass die Duschen nochmal ein Stück weiter weg sind. Das ist zu viel für mich. Jetzt wird erst mal der Riegel gefuttert, den ich umsonst mitgeschleppt habe. Nach kurzer Erholungspause mache ich mich auf den Weg.
Gerade mal 3 Leute befinden sich beim Duschen. Kein Wunder, wenn hier alles so versteckt ist. Nach dem Duschen gibt es noch ein Kaffee zum wach werden für die Heimfahrt, dann schnell zum Pendelbus. Ich will einfach nur noch nach Hause.



Fix und fertig, erst mal wieder sammeln bevor es unter die verdiente (hoffentlich warme) Dusche geht



Auf dem Weg zum Pendelbus, die etwas langsameren Läufer/innen kommen kurz vorm Besenwagen noch durchs Ziel



Tschüss "Grote Kerk", tschüss Aperldoorn, es bleibt keine Zeit zum verweilen. Vor mir liegen noch 380km Heimfahrt.....