Samstag, 28. Januar 2012

13. Rodgau Ultramarathon



Es ist mal wieder soweit. Der traditionelle Rodgau Ultra Marathon steht zum 4.Mal auf meinem Programm. Doch wie schon beim München Marathon ganz ohne Zeitziel. Ankommen heist es für mich seit der Knie OP im vergangenen Juni.
Das eigentliche Lauftraining war in den letzten Monaten total ins stocken geraten. Dank einer NNH OP Ende November und eines erneuten Klinikaufenthaltes kurz vor Weihnachten konnte ich den Dezember quasi komplett abhacken. Um so ehrgeiziger stieg ich wieder ins Training ein. Irgendwie noch halbwegs fit werden für den Rodgau Ultra. Schnell bekam ich im Training meine Grenzen gezeigt, wegen fehlender Ausdauer und die immer noch anhaltenden Folgen der NNH Geschichte. Die Sprunggelenke sind diesem brutalen Wiedereinstieg einfach nicht gewachsen, und ich bekomme ernsthafte Probleme eine Woche vor dem Ultra (rechter Fuß schmerzt beim auftreten). Daher beschließe ich nichts mehr zu machen, Sprunggelenk wird beim Wettkampf getaped, dann starten und schauen wie sich alles entwickelt.

Samstag 28.Januar

Ganz früh aufgestanden um noch schnell 2 Brote und ein Müsli zu essen. Dann Fahrt nach Dietzenbach um Yvonne abzuholen die auch für den Ultra gemeldet ist. Um 8Uhr bin ich bei Yvonne und haue mir gleich mal eine Packung Ultra Starter als 2.Frühstück rein. Keine Ahnung ob der Kram was bringt, aber ich habe mir ein paar Packungen gekauft und jetzt müssen die Dinger vorm Verfallsdatum verwertet werden.

Ich fahre mit Yvonne rüber nach Dudenhofen. Sie hatte in den letzten Monaten viel um die Ohren und konnte somit kaum trainieren. Ein paar Runden wären schön meint Sie. Also das sehe ich bei mir etwas anders. Sobald ich über die Startlinie gelaufen bin, dann werde ich das heute auch zu Ende laufen. Es sei denn es kommt irgendeine Verletzung.

Es haben sich sehr viele Läufer/innen vorangemeldet, entsprechend voll ist es beim Abholen der Startunterlagen.
Statistik Rodgau Ultra 2012:
Voranmelder: 1141
Starter: 833
Finisher: 554

Man trifft noch ein paar alte Bekannte, trinkt Kaffee und bereitet sich schon mal so langsam auf die 50km vor.



Noch bester Laune vor dem Start, Yvonne, Frank, Sven und Kathrin

Wie üblich der Fußmarsch zum Start über die Brücke der B45. Das geht jetzt noch so leicht und locker, aber aus Erfahrung weis ich, dass dieser lächerliche Fußmarsch nach dem gelaufenen Ultra zurück zu den Duschen eine extreme schmerzhafte Prozedur werden wird.

Startplatz ist das vertraute Gelände am Gänsbrüh. Die Strecke wie immer die gleiche. 10 Runde a 5km müssen gelaufen werden. Es gibt auf dieser Strecke keinen Highlight oder irgendetwas außergewöhnliches, trotzdem ist Rodgau Ultra der 50'er Kultlauf schlechthin. Das beweist immer wieder das große Starterfeld mit vielen bekannten Ultragrößen nicht nur aus Deutschland.
Ich deponiere noch schnell den Läuferbeutel, kurz nochmal ins Gebüsch und schon geht es los.

Runde 1 - 27:26,9 -> 5:29min/km
Ich habe mich ganz hinten aufgestellt, bin ja nicht fit. Doch dieses Tempo und die enge im Starterfeld macht mich ganz verrückt. Kaum ne Gelegenheit zu überholen. Aber dieses "ausbremsen" ist heute gerade am Anfang sehr wichtig. Wenn ich hier gleich zu Beginn etwas flotter loslaufe, dann werde ich nicht weit kommen. Nach der Wendepunktstrecke und KM3 Marker hat sich das Feld auseinander gezogen. Es läuft sich viel angenehmer und nicht so beengt. Das angeschlagene Sprunggelenk verhält sich sehr gut. Das hätte ich nach diesen Schmerzen (in Ruhestellung) unter der Woche so nicht erwartet. Die Runde ist schnell gelaufen, vorbei an der Grillhütte. Ein paar Zuschauer stehen trotz der Kälte dort und muntern uns auf. 27:27 Minuten für die erste Runde ist genau richtig. Die nächste wird erfahrungsgemäß schneller werden.

Runde 2 - 24:52,0 -> 4:58min/km
Jetzt läuft es richtig gut. Es ist Platz auf der Strecke. Ich bin nur noch am überholen. Keine Spur von Ermüdung. Ich fühle mich gut, also bleibt die Pace unter 5min/km.

Runde 3 - 23:56,7 -> 4:47min/km
Ich fühle mich wie ausgewechselt. Unglaublich was die Wettkampfatmosphäre ausmacht. Im Training wäre ich jetzt schon platt. Aber hier lege ich weiter zu. Hoffentlich rächt sich das später nicht.

Runde 4 - 24:06,2 -> 4:49min/km
Weiter im Takt immer noch flott unterwegs. In jeder Runde gibt es einen warmen Tee. Die Getränkeaufnahme beim laufen geht noch gerade so. Ein leichter Stau bildet sich aber bereits am Verpflegungsstand. Ein Läufer fragt mich nach meiner Zielzeit, und wundert sich über die Aussage von "ankommen" oder "um die 4:30". Er kennt mich noch vom letzten Jahr als ich den Rodgau Ultra unter 3:45 finishen konnte. Tja die Zeiten ändern sich, nichts ist mehr wie vor der Knie OP, man wird bescheiden. Die ganze Runde lang habe ich jetzt beste Unterhaltung, das lenkt ein bisschen ab. Denn langsam merke ich den Kräfteverschleiß.

Runde 5 - 24:13,4 -> 4:50min/km
Die Unterhaltung muß ich jetzt abbrechen, ich kann das Tempo nicht mehr mitgehen. Erstes Gel wird eingenommen. Es gibt leider nur Sprudel Wasser am Verpflegungsstand, ob das gut geht? Hab ja keine andere Wahl. Kurz nach dem ersten KM Marker steht schon die ganze Zeit Yvonne's Fanclub in der Kälte mit Getränken und Anfeuerung bereit. Tolle Sache, danke an die Dietzenbacher! Leider ist Yvonne kurz vorher ausgestiegen und sitzt nun ebenfalls in Decken eingehüllt an der Strecke. Weiter geht es die leichte Steigung rauf. Ich fange an mich zu quälen für dieses Tempo. Im Zieldurchlauf beträgt meine gesamt Schnitt Pace jetzt 4:59min/km.

Runde 6 - 24:34,2 -> 4:54min/km
Klar, das geht nicht mehr lange weiter so. Ich verliere an Tempo. Es ist ja gerade mal die Hälfte gelaufen. Die Füße tun auch schon weh. Also vor KM30 sollte ich noch nicht mit dem Jammern anfangen! Nochmal die Zähne zusammen beißen. Das lief doch bisher so gut. Noch einmal die Schnitt Pace gesteigert auf 4:58min/km.

Runde 7 - 25:59,4 -> 5:11min/km
Nun folgt der langsame Absturz. Ich wehre mich gegen den Einbruch. In dieser Runde komme ich mit einer akzeptablen Tempoverlangsamung gerade nochmal so rum.

Runde 8 - 27:14,5 -> 5:27min/km
Hatte ich in meiner Euphorie bereits Hochrechnungen von Endzeiten 4:10 - 4:15 angestellt, muß ich jetzt erkennen, dass es hier nur noch ums ankommen geht. Bloß nicht aufgeben! 2.Gel rein! Die Füße schmerzen, schon seit dem Start müßte ich eigentlich mal kurz austreten. Komm, scheiß egal jetzt. Ab in den Wald zum pinkeln. Das kostet mich locker 30 Sekunden! Und noch viel schlimmer, ich komme kaum mehr in die Gänge. Nächste Runde ist der Marathondurchlauf, das ist jetzt erst mal mein nächstes Ziel. Dranbleiben! Aber nur wie? Ich hab doch nur 4 Wochen am Stück richtig trainiert. Wo sollen denn die Körner für die letzten 2 Runden herkommen?

Runde 9 - 28:48,6 -> 5:45min/km
Immer noch 10km zu laufen. Ein Drama zeichnet sich ab! Für einen Marathon würde es reichen, aber einen 50'er. Aufgeben kommt überhaupt nicht in Frage! Nochmal ran an den Getränkestand. Hier ist jetzt wirklich viel los und ich nehme das Getränk sogar im gehen auf. Becher weg und wieder anlaufen. Oh das tut so weh! Ich bin am Ende! Steigung rauf. Durchbeißen jetzt. Das Marathonschild kommt. 3:35:09 für 42,2. Das ist für meinen Trainingsstand super! Über 13 Minuten schneller als München Marathon im Oktober unter ähnlich schlechten Voraussetzungen. Die 7,8km schaffe ich jetzt irgendwie auch noch. Wendepunktstrecke, was für ein Krampf das erneute anlaufen. Jede Bewegung schmerzt. An mir ziehen die schnelleren vorbei. Die werden nach dieser Runde finishen. Ich muß noch eine laufen! Selbst der abschüssige Zieldurchlauf fällt nicht mehr leicht.

Runde 10 - 29:27,3 -> 5:53min/km
Nur noch diese 5km. Das geht noch! Rum um die Kehre. Nächstes Ziel der Verpflegungsstand. Wieder nur im gehen das Getränk aufgenommen. Ich kann einfach nicht mehr. Weiter im Trab. Anders kann man das nicht mehr bezeichnen. Noch 4km, was für eine unglaubliche Aktion. Nochmal die Steigung rauf gekrochen. Durch den Wald, noch 3km, das muß doch irgendwie klappen. Auf die Uhr darf ich gar nicht mehr schauen. 5:55min für den letzten KM. Aber das ist jetzt völligst egal. Nur noch durchkommen. Zum letzten mal der Wendepunkt. Die Strecke zum nächsten KM Marker will einfach nicht enden. Noch ein letztes Mal durch das Feld. Es sind doch nur noch 2km aber es ist so brutal. Ich schleppe mich über die Strecke. Selbst kleinste Steigungen hauen mich um. Noch 1km, und der ist doch zum größten Teil abschüssig. Nur noch runter zum Zielbereich. Wo bleibt nur die Zeitanzeige. Noch ca. 500 Meter. Was freue ich mich auf die Getränke. Nur noch ankommen. Der Zielbereich kommt näher, ich werde es tatsächlich schaffen. Wie geil, das Ziel kommt immer näher. Ich habs geschafft. Nur noch über die Messmatte. Jaaaa! Ich bin viel zu platt zum jubeln oder freuen. Erst mal was trinken. Ich bin völligst von der Rolle. Gleich zum Läuferbeutel und die Jacke drüber ziehen.



Jetzt kommt die Verlängerung vom Ultra.
Es beginnt der qualvolle Fußmarsch zu den Duschen. Schön langsam einen Fuß vor den anderen. So werde ich eine halbe Ewigkeit brauchen. Aber das ist mir furz piep egal. Nach einer gefühlten Stunde erreiche ich endlich mein Auto, welches ich schlauer Weise direkt an der Brücke geparkt habe. Zu den Duschen fahre ich! Keinen Schritt mache ich mehr. Also Motor starten und Gas geben. Aber was ist das? Die Wade krampft sofort zu! Erst mal die Sitz ganz vorstellen und nochmal versuchen. Geht schon besser.
Die Duschen sind wie immer kalt. Nicht schön nach so einem Lauf, aber dafür kein Gedrängel unter den Duschen. Die meisten machen sich nur frisch und verschwinden gleich wieder. Einen Vorteil haben die kalten Duschen schon, man wird relativ schnell wieder fit für die Siegerehrung.

Kaffee, Kuchen und nette Unterhaltung unter lauter Lauf Verrückten runden den schönen Samstag ab. Ach so die Zeit, sollte ich auch mal nachsehen. 4:20:39 da bin ich zufrieden.