Freitag, 2. Juli 2010

13.Marburger Nachtmarathon



2.Start beim Marburger Nachtmarathon. Erfahrungsgemäß eine heiße Angelegenheit. Auch in diesem Jahr sollte sich das nicht ändern. Ganz im Gegenteil, Startschuss bei ca 32°C.

Die Vorbereitung verlief sehr schlecht. Immer noch mit Sprunggelenksproblemen zu kämpfen, mußte ich das Training stark reduzieren. Schlimmer noch, eine Erkältung kam dazu. Kurz nach dem Marathon D'Alsace in Molsheim bekam ich Halsschmerzen, die Nase lief. Die Halsschmerzen verschwinden zum Glück am Mittwoch vor Marburg. Allerdings die laufende Nase und der Schleim auf den Bronchien bleibt noch. Trotz alle dem bin ich Sonntags, also 5 Tage vor Marburg, den Rodgau Rundweg (32km bei Pace 6:30min/km) mitgelaufen. Dienstags und Mittwochs je 13km bei brütender Hitze gelaufen. Donnerstags kein Training.

Freitag 2.Juli

Mit 4 Flaschen Wasser, 300gramm Nudeln und gepackter Lauftasche fahre ich zur Arbeit. Jetzt schon mal fleißig trinken. Zum Mittagessen die Nudeln verputzt. Kurz nach 15 Uhr endlich raus und ab nach Marburg zum Marathon. Erdrückende Hitze, Stau auf der A5, Thermometer zeigt 37°C Grad. Das wird heute die Hölle ! Kurz vor 18Uhr stehe ich am Lahnufer auf dem Parkplatz. Die 4 Flaschen Wasser sind schon längst abgekippt. Immer noch 33°C steht auf der Anzeige. Startunterlagen anholen, umziehen und auf in die Marburger Oberstadt zum Start auf dem Marktplatz.



Ich werd' wahnsinnig. 37°C zeigt das Thermometer bei der Hinfahrt nach Marburg.



Unter dem Zeltdach ist es gerade noch so erträglich.



Die Marburger Altstadt mit dem Schloss im Hintergrund. Fotoquelle: Nikanos (Danke)



Die alte Universität von Marburg. Fotoquelle: Nikanos (Danke)



Historisches Rathaus am Marktplatz. Dieses Jahr das Motiv der Finishermedaille. Fotoquelle: Nikanos (Danke)



Der Marktbrunnen auf dem Marktplatz. Fotoquelle: Nikanos (Danke)

Der Marktplatz ist proppenvoll. Es gibt noch ein paar gut gemeinte Tipps wegen den hohen Temperaturen, dann fällt endlich der Startschuß.
Über 1000 Läufer/innen stürzen sich die enge Barfüßerstraße hinunter. Vorbei an den voll besetzten Cafes, nehme ich Fahrt auf. Dank einem Startplatz im vorderen Bereich, muß ich kaum abbremsen oder sinnlose Manöver laufen. Wende an der Universitätsstraße. KM1 3:57min, kein Wunder, die Strecke ist bis hier her ja auch stark abschüssig. Jetzt wird es sich zeigen, wie die Hitze sich auswirkt. Ein paar Zuschauer haben sich im Zentrum von Marburg versammelt und machen Stimmung. Vorbei am alten Brauhaus. KM2 jetzt auf flacher Strecke in 4:14min. Mir läuft jetzt schon der Schweis. Das wird heute nix. Weiterlaufen und schauen wie sich alles entwickelt. Die Biegenstraße rauf, Abzweig Deutschhausstraße. Wir laufen auf die Elisabethenkirche zu, kurz vor der Kirche dann rechts in die Bunsenstraße. KM3 immer noch in 4:14min.



Die Elisabethenkirche. Motiv der Finisher Medaille von 2009 Fotoquelle: Megacity01 (Danke)

Weiter in Richtung Wehrda. Ich nehme Tempo raus, das ist heute einfach nicht drin. Ein Glück gibt es alle 4km eine Versorgungsstelle. Gleich mal ein Wasser reingeschüttet. Das gibt es doch gar nicht, da geht schon der erste Läufer! Mit 4:29/4:16/4:23 für KM 4-6 bin ich schon deutlich langsamer. Das Örtchen Wehrda ist passiert, jetzt geht es rein ins Feld. Die Hitze steht, ich bin jetzt schon völlig platt. Ein Pacemaker für die 1:29 auf der HM Distanz überholt mich. Ich hänge mich dran. Aber irgendwie wird er die 1:29 so nicht schaffen, denn mein Schnitt für KM 7-9 liegt bereits bei 4:25min/km. Entlang am Lahnufer sind wir wieder in Marburg. Da ist auch schon wieder Zuschauerunterstützung. Aber das baut irgendwie auch nicht auf.



10km Durchlauf passiert. Vorbei an der Grüner Mühlen. Fotoquelle: Manuel Kuhn (Danke)

KM10 Durchlauf bei 43:11min sagt jetzt schon alles. Nur mit Müh und Not kann ich den KM Schnitt unter 4:30min/km halten. Zum ersten Mal vorbei am Zielbereich. Über den baufällige Hirsefeldsteg auf die andere Lahnseite. Entlang am Lahnufer. Zur rechten sitzen die vielen Studenten, mit bester Laune und Bier im Gras der Lahn Auen.



Hirsefeldsteg. Schade, schade. Die Kultbrücke muß weg ! Im nächsten Jahr wird es über die neue Brücke gehen.

Jetzt sieht man logischerweise auch schon die KM Schilder der Runden 2 und 3. Da wird einem so richtig klar, was da noch kommt. Jetzt kommt auch noch der weniger angenehme Abschnitt auf dem Radweg neben der Bundesstraße nach Gisselberg. Weg von der Bundesstraße rein nach Gisselberg. KM15, Uhr zeigt 1:05:45. In Gisselberg ist wenigstens wieder etwas Stimmung. Sogar eine 3 fach Dusche zum durchlaufen ist aufgebaut. Schöne Idee. Wieder im Feld, muß erst einmal ein kleiner Anstieg auf die Höhe der parallel verlaufenden Bundesstraße 3 überwunden werden, und das ist nach bereits 16 gelaufenen KM schon sehr heftig. Nun überhole ich den Pacemaker für die 1:29 Halbmarathonzeit. Er ist total platt, wird die 1:29 nie und nimmer schaffen. Meine Pace ist jetzt schon über 4:40min/km. Ich darf gar nicht drüber nachdenken was da noch alles vor mir liegt. In dieser Runde muß ich noch nicht die erweiterte Schleife laufen, bevor es im Feld zurück Richtung Marburg geht. Ich sehe immer mehr Läufer gehen. Einer liegt sogar am Straßenrand und muß von Sanitätern behandelt werden. Es sollte nicht das letzte Mal heute Abend sein, wo der Rettungswagen zum Einsatz kommt. Die Halbmarathonies haben es fast geschafft. Das hätte mir heute wirklich auch gereicht. Aber warum einen Halbmarathon laufen, wenn doch auch ein Marathon angeboten wird ? Wir befinden uns auf dem "Planeten-Lehrpfad". Immer mal wieder kommt am Rand des Weges eine Tafel mit einem der Planeten unseres Sonnensystems vorbeigeflogen. Eine schöne Sache. Ich quäle mich weiter zum Zielbereich, so platt bin ich, als wären es schon die letzten Kilometer. Tolle Stimmung jetzt auf dem Damm zwischen Stadion und Lahn. Die "Halben" biegen ab nach rechts. Ich muß über den verstopften Hirsefeldsteg in die 2.Runde. Kleiner Tumult auf dem Steg mit den Spaziergängern und Läufern aus der 1.Runde.



Klare Ansage. Halbmarathonies haben es geschafft. Für den Marathon geht es noch zwei Runden runter nach Gisselberg.

2.Runde. Jetzt sind noch die ganzen Läufer/innen der hinteren Plazierungsplätze unterwegs. Die meisten gehen nur noch. HM Durchlauf bei ca. 1:34:15. Durst ! Wo bleibt der Getränkestand. Da kommt er. Aber was ist das denn ? Eine Stehparty am Versorgungspunkt. Leute so geht das nicht ! Hier sind noch einige unterwegs, welche noch ein zeitliches Ziel vor Augen haben. Ich komme kaum an die Becher ran. Muß ganz schön Geschwindigkeit raus nehmen, um einem Becher zu schnappen. Ich glaube ich habe Fanta gezogen am Ende des Tisches ! Na herzlichen Glückwunsch ! Der Durst ist größer als die Abneigung gegen dieses süße bapp Zeugs. Also rein damit. Das wird mir irgendwann schwer im Magen liegen. Weiter durchschleppen am Lahnufer. Es kühlt ein bisschen ab, aber die Schwüle bleibt. Pace nun im Schnitt um die 4:45min/km. Gisselberg erreicht. KM25 noch 17km zu laufen ! Los weiter, irgendwie wird es gehen. Zeit ist heute fast egal. Gisselberg ist jetzt fast wie ausgestorben. na klar, die Fußball WM läuft, wer interessiert sich da noch für ein paar total bescheuerte Läufer, welche schweisstriefend ihre Runden laufen. Zum Glück ist es heute nicht das Deutschland Spiel, sonst würde uns wahrscheinlich niemand mehr die Becher reichen an den Versorgungsstellen. Wieder dieser Anstieg auf die Höhe der B3. Für den letzten Kilometer habe ich jetzt fast 5 Minuten gebraucht. Auf geht es in die extra Schleife für Runde 2 und 3. Kurz vor dem Landschulheim Steinmühle der Abzweig in Richtung des Planeten Lehrpfades. Unter der B3 Brücke greife ich zum 2. Mal in meiner Läuferlaufbahn nach einem Schwamm. (Das erste Mal war letztes Jahr in Marburg......). Auf einem kleinen Trampel Pfad geht es weiter. Da höre ich doch plötzlich eine Stimme: "endlich noch einer der Marathon läuft ! Ich dachte schon ich wäre ganz alleine hier". Ja welch ein Glück ! Ein Mitstreiter auf den letzten 16km ! Das hilft jetzt ungemein. Wir jammern beide über die brutale Hitze, erzählen uns die letzten Marathonerlebnisse und versuchen uns gegenseitig wieder aufzubauen. Da vergeht die Zeit beim plappern und schon kommt KM30. Reiner, der Marathon Mitstreiter meint nur "wenn wir mal KM32 haben, dann noch ein lockerer Zehner und es ist geschafft". "jo, aber bitte ein ganz lockerer 10'er" meine Antwort. Die Pace jetzt im Schnitt knapp vor der 5min Marke, mehr geht nicht mehr. "Saturn" fliegt gerade an mir vorbei. Das kenne ich aus der 1.Runde, gleich kommt der Verpflegungspunkt unter der Brücke der Südspange. Wir quälen uns weiter, der Zielbereich rückt näher. Vorbei am Schwimmbad, Stadion schon in Sicht. Noch einmal rüber über den Hirsefeldsteg. Die letzte Runde. Hier staut sich jetzt der Läuferverkehr. Diesmal rege ich mich nicht mehr drüber auf, und genieße diese "jogging-Pause".



Zum letzten Mal, und nur mit Hilfe von Zusatz Stegen geht es über den baufälligen Hirsefeldsteg über die Lahn.

Zum letzten Mal vorbei an den Studenten auf den Lahnwiesen. Das Jammern wird immer lauter. Es geht jetzt im Wechsel, einmal bin ich vorne, das andere Male ist Reiner vorne. "Ich bin am Ende, lauf du ruhig vor" fällt immer wieder der Satz. Aber keiner kann sich absetzen. Und das ist auch gut so, denn alleine will ich dieses Ding wirklich nicht zu Ende laufen. Endlich Gisselberg erreicht. Noch einmal durch. Kleine Steigung über die B3/Lahnbrücke, sofort rechts rein in die Zusatzschleife. KM Schnitt jetzt bereits bei 5:15min/km. Das ist wesentlich langsamer als mein normales Trainingstempo. Das kann doch alles nicht wahr sein. Jetzt nicht aufgeben, durchziehen. Noch 5km. Wieder Planetenweg. Sonne - Merkur - Venus - Erde - Mars. Noch 4km. Das ist abartig heute. Ich will nicht mehr. Das ganze Wasser blubbert im Magen rum. Da kommt der Streckenfotograf auf dem Fahrrad und muntert uns auf: "Los, ihr habt es doch gleich geschafft, außerdem seit Ihr gut dabei, auf jeden Fall unter den ersten 10 !" Was ??? Unter den ersten 10 ! Das glaub ich jetzt nicht. Mit so einer Zeit ? Aber klar, es ist heute für jeden sehr schwierig. Also weiter kämpfen und durchziehen. Jupiter - Saturn. Versorgung unter der Brücke. Kostenloses Powerbar Gel mitgenommen. Noch ca. 3km sind noch zu überstehen. Inzwischen schon etwas dunkel, kann man kaum mehr die Uhr vernünftig ablesen. Reiner hat nun etwas nachgelassen und ich eile voraus. Jetzt werde ich es irgendwie schaffen. Überholt hat mich seit der 2. Runde niemand mehr. Also muß doch etwas dran sein an der Platzierung unter den ersten 10. Das wäre ja noch der Hammer. Vielleicht sogar ne Alterklassenplatzierung in der AK40 ! KM40, 3 Stunden 9 Minuten. Wird ne Zeit knapp über 3:20 werden. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Nur noch durchkommen und schauen was am Ende dabei raus kommt. KM41, los zusammenreißen. Kämpfen, es ist doch fast geschafft. Das Schwimmbad kommt. Der Lahndamm. Die Qualen haben gleich ein Ende. Abzweig ins Stadion ist sichtbar, da winkt mich doch eine Ordnerin in die nächste Runde ! "Marathon links rum" Ja bin ich so langsam unterwegs, dass man meinen müßte ich wäre erst in der 2.Runde. "Hey, ich bin fertig, ich will ins Ziel !" "Oh, ja klar, dann rechts rum !" Schotterweg, hier ist alles in Bau um den Hirsefeldsteg rum. Egal es sind ja nur noch ein paar Meter. Rauf auf die weiche Bahn im Jahnstadion. Noch 200 Meter, dann ist es vollbracht. Schöne Atmosphäre jetzt unter Flutlicht. Der Zielbogen kommt. Was für eine Aktion habe ich da hinter mir. Geschafft !!! 3:20:35 meine Zeit. Nicht besonders schnell, aber heute unter den Bedingungen reicht es für Gesamtplatz 5 und AK M40 Platz 2. Was will man mehr. 1 Minute nach mir kommt nun auch Reiner ins Ziel. Glückwunsch, super Reiner. Platz 6 ! Also mal ganz ehrlich. Ohne die gegenseitige Hilfe hätten wir diesen Lauf nie und nimmer in dieser Zeit geschafft. Jetzt aber zum Getränkestand. Ich bohre 6 Becher Isozeugs in Rekordzeit ab ! Schnell noch duschen und Siegerehrung, dann will ich nur noch nach Hause.



ein hartes Stück Arbeit, aber geschafft! Jetzt unter die eiskalte Dusche.



Perfekte Teamarbeit ab KM26. Frank und Reiner. Am Ende Platz 5 und 6. Na dann prost !

Keine Kommentare: