Sonntag, 4. Mai 2008

9.Gutenberg Marathon Mainz

Als Vorbereitung hatte ich den 3:15 Steffny Plan fast komplett durchgezogen. Gegen Ende der vorletzten Woche hatten sich leichte Probleme mit den Knien eingeschlichen. Den letzten geforderten 25KM Lauf mit Steigerungen konnte ich noch gerade so absolvieren. Der Erholungstag am Montag brachte auch keine Besserung. Dienstag 60 Minuten joggen. Die Knie haben ernste Schmerzen gemeldet. Ich beschließe das letzte Intervall Training am Mittwoch (3x1500 im MT) einfach auszulassen, in der Hoffnung das es sich nur um eine leichte Überlastung handelt. Am Donnerstag Mittag wollte ich es dann doch wissen. 50min joggen mit Steigerungen standen auf dem Plan. Es war der 1.Mai die Wege waren voll mit Spaziergängern. Ich begann langsam, aber keine Besserung. Die Knie taten weh, ab und zu ein Stechen im Knie. Kathastrophe ! Ich hab dann das Training so gut es geht ganz vorsichtig und ohne Steigerungen durchgezogen. Den Freitag hab ich mich geschont. Samstags das Abschlußtraining gestrichen, Mittags nach Mainz gefahren um die Startunterlagen zu holen. Jetzt wird es durchgezogen ! Ich werde irgendwie versuchen den Lauf durchzustehen. Einfach loslaufen und schauen was passiert. Auf der Marathonmesse war sehr viel los. Haufenweise Läufer, Stände etc. da komme ich richtig in Stimmung. Hoffentlich geht alles gut. 10 Wochen Trainingplan für diesen Tag. Es muss einfach morgen klappen.

Sonntag 4.Mai

Ich schaffe es pünklich aufzustehen. Ich muß mich beeilen, den die Zufahrt in die Mainzer Innenstadt wird spätestens um 7:30 Uhr dicht gemacht. Erste Ausfahrt Weisenau schon gesperrt. Mist, schnell weiter und Hechtsheim raus. Ich schaffe es mich bis ins Parkhaus Cinestar durchzumogeln. Das wäre schon mal geschafft. Das nötigste in den Läuferbeutel und ab zum Start Bereich. Ich verweile noch ein bischen auf der Marathon Messse. Der Start rückt näher. Noch 1 Stunde. Ich setze mich hin, schreibe mir die Marschtabelle von 3:15 auf den Arm. Schaue mir die Strecke nochmal an. So langsam wird es ernst. Ich gehe nach unten in das Parkhaus der Rheingoldhalle um meinen Läuferbeutel abzugeben. Gigantisch, überall liegen Läuferbeutel rum, aber alles übersichtlich organisiert. Das gute Diclofenac schmiere ich mir auf die lädierten Knie und hoffe das alles gut geht. Weg mit dem Läuferbeutel, nochmal anstehen fürs Dixi Klo und raus in den Starterblock. Es herrscht eine Superstimmung.

Am Mikrofon ist Klaus Hafner, bekannt auch als Stadionsprecher von Mainz 05, er zählt den Countdown runter. Marathon und Halbmarathonläufer starten gleichzeitig. Aber das macht nichts, denn die Rheinstraße ist sehr breit. Es herrscht nicht das sonst so übliche Platzgerangel. Es vergeht einige Zeit, bis ich endlich die Startlinie überschreite. Die ersten paar Meter laufen sehr gut. Die Knie melden keine Schmerzen. Erste KM Marke, eine 4:50. Ich werde mutiger und erhöhe das Tempo. 4:24,4:31,4:24 ich fühle mich gut und verfalle in eine kleine Euphorie, da ich keinerlei Beschwerden habe. Vielleicht eine gute Entscheidung, das Training für die letzte Woche fast komplett auszulassen. Wir laufen bereits durch das Schott Werksgelände. Die Stimmung an der Strecke ist einfach klasse. Weiter geht es ins Industriegebiet vom Mombach. Hier jetzt deutlich weniger Zuschauer. Der nördlichste Punkt der Strecke ist erreicht. Es geht nun zurück Richtung Ortskern von Mombach. Wieder Stimmung, das beflügelt. Plötzlich höre ich eine Stimme :"loss die na üwwerholle, die sähje mer später all widder". Den Typ kenn' ich. Es ist einer aus meiner Physio Therapie Gymnastik Gruppe. Ich schließe auf, und wir plaudern ein paar hundert Meter lang. Ich lasse meinen Bekannter nun hinter mir. Schließlich will ich ja heute unter 3:15 laufen. Es geht weiter durch die Mainzer Neustadt. Ich bin voll auf Kurs, ja sogar weit aus besser als im Plan. Bei 44:36 passiere ich die 10KM Marke. Schnell mal hochrechnen, ich komme auf eine mögliche Endzeit unter 3:10 ! Naja, abwarten. Es geht nun um die Christuskirche herum. Hier herrscht totenstille ! Wegen eines Gottesdienstes, darf rund um die Kirche kein Lärm gemacht werden. Weiter geht es in die Innenstadt. Wieder Stimmung und Zuschauer. Hier macht es Spaß. Wir laufen direkt auf den Dom zu. Rechts ab durch die kleine Fußgängerzone aus Kopfsteinpflaster. Leider ist der Innenstadtbereich schon wieder zu Ende. Vorbei am Hotel Ibis runter die Weisenauer Straße am Rhein entlang. Am Südlichsten Teil der Strecke in Weisenau befindet sich der Wendepunkt. Es kommen uns schon die ersten Läufer entgegen. Inzwischen habe ich leichte Seitenstechen bekommen. Daher werde ich das Trinken erstmal einstellen. Bei 1:15:20 erreiche ich den Wendepunkt. Es läuft wie am Schnürchen. Alle KM Zeiten sind unter 4:30. Ich bin bester Stimmung, keine Probleme mit den Knien und noch keine Ermüdungserscheinungen. Die Seitenstechen sind jetzt auch weg. Ich nähere mich inzwischen dem Start/Zielbereich vor der Rheingoldhalle. Wieder super Stimmung. Der größte Teil der Läufer hat es geschafft. Die Halbmarathondistanz ist überwunden. Ich laufe dem Marathon Pfeil nach und checke meine HM Zeit : 1:33:41 das hälst du ja im Kopf nicht aus. Jetzt aber cool bleiben, das ist gerade mal 11 Sekunden langsamer als der Halbmarathon in Griesheim vor 3 Wochen. Im Kopf wird schon fleißig gerechnet....sollte das eine Endzeit unter 3:10 werden ? Mir fällt auf, dass sich nicht mehr viele Läufer auf der Straße befinden. Ja sind die denn alle nur den Halbmarathon gelaufen ? Die Theodor-Heuss Brücke rüber nach Kastel und Kostheim kommt. Jetzt merke ich die bereits gelaufenen Kilomter. Es sind ca. 30 langgezogene Höhenmeter. Ich bin froh, als ich merke dass es wieder abwärts geht. Puh, das dämpft meine Euphorie ein wenig. Fast 5 Minuten auf den Kilometer. Nun geht es rein nach Kostheim. Die Stimmung hier ist lange nicht mehr so gut wie am Anfang der Strecke. Ich quäle mich ein wenig, die KM Zeit um die 4:30 zu halten. Es geht wiede raus aus Kostheim. Die Steigung beginnt wieder. Die Brücke muß nochmal überwunden werden. Ein paar Läufer aus Bayern unterhalten sich darüber ein wenig das Tempo rauszunehmen, um später nicht einzubrechen. "wir sind viel zu schnell". Ich mische mich in das Gespräch ein. "ich bin auch viel zu schnell, aber ich fühle mich noch sehr gut". Die Gruppe aus Bayern erwiedert mir : "mach lieber langsam, der Einbruch kommt bestimmt". Ach was denke ich mir. Warum soll das nicht so weiter gehen, außerdem habe ich ja jede Menge "Zeitvorsprung". Da kann man im Notfall auch mal ein paar KM langsamer machen. Die Brücke habe ich nun überwunden. Es geht wieder in Richtung Mombach. Wir passieren das Ziel vom 2/3 Marathon. Ich denke mir nur, wer wird den hier jetzt aussteigen ? Aber es sind doch ein paar, welche diese Möglichkeit nutzen. Die KM Zeiten sind jetzt nun doch über 4:30 und ich muß schon ganz schön kämpfen. KM 30 wird passiert. Die Straßen sind nun wie leergefegt. Nochmal durch das Werksglände der Schott Werke. Ich beiße die Zähne zusammen und versuche nochmal unter 4:30 zu laufen. Es geht nicht mehr. Die Zeiten werden nun immer schlechter. Die 3:10 werde ich wohl so nicht mehr schaffen. Noch 10KM, ich versuche alles, wenigstens unter 5:00/km zu bleiben. Das Industriegebiet von Mombach ist so trostlos. Keine Zuschauer mehr und was keiner eingeplannt hatte, es ist sehr warm heute. Es kommt eine Unterführung durch die Bahnlinie. Ist das brutal beim Anstieg. Das habe ich in der ersten Runde scheinbar gar nicht wahrgenommen. In Mombach ist jetzt auch tote Hose. Nur ab und zu noch Zuschauer. Die Kilometer ziehen ich. Ich schaue auf die Uhr, sehne die nächste Marke herbei. Nochmal durch die Mainzer Neustadt. KM 37 kommt, noch gut 5KM. Zusammenreißen ! Die Zeit ist immer noch im Plan für 3:15, aber der Zeitgutschrift schmilzt dahin. Die Bayern Läufer hatten Recht gehabt. Ich hätte Tempo rausnehmen sollen......Aber jetzt hilft es nicht mehr. Keine Zuschauer mehr, keine Power mehr, ich laufe nur noch automatisch vor mich hin. KM 38 immer noch unter 5min/km. Durchhalten, oder doch mal kurz gehen, anhalten. Nein ! Verdammt nochmal, dafür hast du nicht die ganze Vorbereitung gemacht um so kurz vorm Ziel alles aufzugeben. Gleich kommt doch die Innenstadt, da ist Stimmung, das wird mich bis ins Ziel tragen. Jetzt auch noch die Christus Kirche (wir erinnern uns, hier darf ja kein Lärm gemacht werden). Ich bin am Ende. KM 39 eine 5:14 ! Der Einbruch ist nicht mehr zu stoppen. 3KM noch. Auf gehts in die Innenstadt. Jetzt wird jeder Getränkestand mitgenommen, obwohl das jetzt sowieso nichts mehr bringt. Ich quäle mich durch die Innenstadt. Hier ist jetzt zwar wieder Stimmung, nur baut mich das leider nicht mehr auf. KM 40 endlich, eine 5:24. Wenn das so weiter geht, dann wird das nichts mehr mit der SUB 3:15. Endlos erscheint mir das letzte Stück. Der Dom ist in Sicht. Ich laufe über den Gutenbergplatz, Fotos werden gemacht, die Leute jubeln, aber das kratzt mich ehrlich gesagt gar nicht mehr. Noch einmal über das Kopfsteinpflaster KM 41 eine 5:30 kommt. Jetzt wird es wirklich knapp. Wenn ich jetzt 6min auf den Kilometer brauche, dann schaffe ich nicht mal die SUB 3:15. Kämpfen....Auf jetzt. Vorbei am Hotel Ibis. Ab in die Zielgerade. Ich kann das Ziel sehen, aber es ist noch so weit weg. Bei KM 42 zeigt die Uhr 3:13:21. Das recht, das reicht wirklich. Noch 200 Meter. Das Ziel ist da !!! Geschafft !!!! 3:14:30. Die letzten Meter waren die Hölle, aber nun ist es vollbracht. Ich taumele in die Rheingoldhalle zu den Versorgungsständen. Ich bin so glücklich. Das Ganze hat ein happy-end für mich. Die Schinderei der letzten Trainingswochen, die ganzen Physio Sitzungen. Gut 4 Monate, nachdem ich das Training nach einem Ermüdungsbruch wieder aufgenommen hatte, laufe ich doch tatsächlich die geplannte Zeit von SUB 3:15. Besser konnte es nicht laufen. Jetzt kommt auch mein Bekannter aus dem Gymnastik Gruppe. Wir freuen uns gemeinsam mit einem Alkfreien Bier über den erfolgreichen Lauf. Ich hole noch meinen Läuferbeutel und gehe überglücklich zurück zum Auto.

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