Samstag, 29. Januar 2011
12. Rodgau Ultramarathon
Der erste Wettkampf in 2011. Jetzt wird es sich zeigen, wie gut ich die Verletzung vom September letzten Jahres verkraftet habe. Das Lauf-Training hatte ich langsam seit November wieder aufgenommen. Im Januar dann zum erstem mal wieder richtig planmäßiges Training, mit allen Einheiten die man so in der Marathonvorbeitung macht. Ein wenig übertrieben hatte ich es auch. So bekomme ich doch 1 Woche vor dem Ultra Probleme mit dem linken Knie. Es knackt mal wieder beim Treppensteigen und fühlt sich auch sonst leicht instabil an. Trotzdem geht das Training normal weiter. Von beiden Seiten ein Kinesio Tape mit leichtem Zug für mehr Stabilität schafft ein wenig Abhilfe. Donnerstags Abends dann noch leichtes Halskratzen. Aber mit haufenweise gesunden Bonbons und ein paar Dolo Dobendan kommt es zum Glück nicht zu Halsschmerzen.
Samstag Morgen dann aufstehen um 5 Uhr, noch schnell Müsli und 2 Brote essen. Raus ins Auto. Es ist bitterkalt draußen -5° zeigt das Thermometer.
Im Rodgau hat sich schon alles versammelt. Viele bekannte Gesichter aus der Laufszene sind hier. Die Sonne scheint, und es sieht so aus als sollte das ein sehr schöner Tag werden. Ich werde mit 2 Schichten Kleidung, Halstuch und Mütze laufen. Das müßte doch reichen trotz -5° Grad. In der Sonne wird es sonst zu warm werden.
Schon traditionell folgt der Fußmarsch rüber zum Start am Gänsbrüh'. Ich bin irgendwie gut drauf fühle mich gut, obwohl das Knie getaped ist und der Hals immer noch leicht kratzt. Voller Euphorie stelle ich die Pace auf der Uhr bei 4:30min/km ein. Mal sehen, ich kann ja mal in diesem Tempo anlaufen. Wenn es am Ende knapp für unter 3:50 reichen würde, dann wär das absolut ok.
Wie in jedem Jahr, der Rodgau Ultra zieht an die 1000 Läufer/innen an
top organisiert, es fehlt an nichts. Um die 80 freiwillige Helfer stemmen diese Veranstaltung
Schneechaos beim Bärenfelsmarathon verbindet. Andy von der LT Hemsbach.
gehört einfach dazu: Fussmarsch zum Start am Gänsbrüh'
noch ein paar Minuten, dann geht es los. Gabi und Frank
Idylle kurz vorm Start
10:00 Uhr. Es wird ernst. Ich bin nicht ganz vorne an der Startlinie, aber dennoch so, dass ich nicht allzu viele kraftraubenden Manöver in der ersten Runde absolvieren muß. Ich komme ganz gut weg. Gleich mal um die erste scharfe Kurve rum. Da pfeift einem schon der kalte Wind ins Gesicht. Vorbei am Versorgungsstand, raus auf das offene Feld in die Sonne. Schön warm ist das, prima. 2 Schichten Kleidung bei -5° genau richtig! Ab und zu muß ich doch den Weg verlassen um mich an den anderen Läufer/innen vorbei zu schlängeln. KM1 in 4:36min trotz Läufermassen, sehr gut. Leichter Anstieg hinauf, jetzt noch spielend, und schon KM2 in 4:23min. Abzweig Wendepunktstrecke, Musik der 70'er dröhnt aus den Lautsprechern. Wendepunkt erreicht, rum um den Tisch ganz locker geht das noch. Nun wird es eng. Die große Läufermasse kommt einem natürlich auf der anderen Seite entgegen. Jetzt wieder die ganze Spur ohne Gegenverkehr. KM3 Schild hab ich übersehen, also weiter ohne Zeitangabe über das Feld in der Sonne. Also das ist doch herrlich heute. Ich frage mich wie all diese total vermummten Mitstreiter wohl nach 6 Runden ins Schwitzen kommen mit der X-fachen Menge an Kleidungs Schichten. Wieder rein in den Wald. Die Strecke ist mir ja gut bekannt, ich fühle mich total wohl. Es macht Spaß heute. Nochmal ein kurzes Stück rauf. KM4 Schild, diesmal die Zeitnahme nicht vergessen, Abzweig runter zum Gänsbrüh. Hier kann man jetzt noch mal ein bisschen Geschwindigkeit zulegen. Von weitem hört man gleich die Ansage vom Zielbereich. Fast jeder wird hier Runde für Runde namentlich erwähnt. Mal sehen was die Uhr sagt, Genau 22 Minuten für die erste Runde. Was für ein Auftakt. Das ist weit besser als ich gedacht hatte. Aber, jetzt nicht durchdrehen. Das ist ein KM Schnitt von 4:24min/km. Bisschen Tempo rausnehmen, das kann ich nicht durchhalten. Für so ne Geschwindigkeit habe ich mich im Training noch total gequält. Erst mal was trinken, außer 4 Tassen Kaffee habe ich noch nichts anderes zu mir genommen. Warmer Tee tut gut bei diesen frostigen Temperaturen. Ganz besonders weil mir heute morgen noch der Hals ein bisschen gekratzt hat. Trotzdem ist es in der Sonne total angenehm. Nur meine Fußzehen sind von der Kälte taub. Aber das wird sich bestimmt irgendwann bessern. Ganz locker geht es durch die zweite Runde. 21:43min - Schnitt 4:21min/km für Runde 2. Ich werd verrückt 43:44 für 10km. Sollte ich nicht Tempo rausnehmen? Das kann nicht funktionieren. Egal weiter geht es. Keine Schmerzen, Problemknie scheint gut zu laufen. Vom Bänderriss und den Frakturen merke ich gar nix. Trainingsprogramm habe ich auch komplett durchgezogen. Was soll das also, langsamer werde ich noch schnell genug. 3. Durchlauf KM15, 21:52min Schnitt 4:22min/km. Nun fängt es ein bisschen an weh zu tun beim leichten Anstieg, aber ein Plausch unter Läufern lenkt mich wieder ab. Wahnsinn! Mein Gesprächspartner läuft heute seinen ersten Ultra. Den Marathon läuft er in 2:38, aber normalerweise ist er mehr auf der Halbdistanz unterwegs. Schon ist auch die 4.Runde absolviert. 22:03min - 4:25min/km. Mal nachladen mit dem ersten Gelpack. Wasser zum runterspülen am Getränkestand geschnappt. Bäh! Mit Kohlensäure. Wenn das mal gutgeht. Ich muß es trinken. Es hilft ja nichts. Immer mehr Manöver für die überrundeten Läufer/innen müssen jetzt zusätzlich in Kauf genommen werden. Ganz besonders an der Wendepunktstrecke ist das jetzt teilweise nur noch neben dem befestigten Weg möglich. Das kostet extra Kraft. Bei der Wende merkt man jetzt immer mehr wie schwierig es ist wieder auf Touren zu kommen. Jetzt wird es zäh! Aber das war zu erwarten. Trotzdem ich bin sehr gut im Plan. Was wollte ich laufen? 3:50? Da geht heute mehr. Bestzeit muß das werden! OK, das Knie meldet sich leicht, aber ist alles noch ganz normal. Runter zum Zieldurchlauf. Nochmal Schwung holen. Halbzeit KM25 1:49:36 - 21:57min für Runde 5. Das ist sogar noch schneller als die 4.Runde. Wie war noch die 25km Durchlaufzeit vom Ultra im Bottrop? 1:49:30 also in etwa gleich. Doch heute bin ich besser drauf. Da geht was, durchhalten! Diese Runde kann ich noch mal mit 21:59min laufen. Noch 20km, die ersten Zweifel kommen auf und Seitenstechen kommt mit dazu. Das war mir irgendwie klar nach dem Sprudelwasser. Es wird jetzt echt hart. Ich versuche den Trick mit dem ausatmen beim auftreten. Es hilft, nach ca. 1km bin ich die Seitenstechen los. Wieder ne Runde geschafft. Aber jetzt mit 22:20min etwas langsamer, aber immer noch mit Schnitt unter 4:30min/km. Das hätte ich mir vor dem Lauf nie träumen lassen. Es wird zur Qual, los reiß dich zusammen! Nochmal Gelpack mit Koffein. Aber diesmal mit Iso runtergespült. Vielleicht bringt es nochmal was. Ich laufe den Anstieg hoch, da treffe ich auf Stefan vom Bärenfels Marathon. Was für eine Aktion, wenn ich da noch dran denke. Wir haben zusammen im Schneechaos mein Auto vom Parkplatz gezogen. Völlig durchnäßt und natürlich nach gelaufenem Marathon. Da werde ich doch diese 13km hier noch schaffen. Ja und was macht der Stefan da? Obwohl ich ihn zum 2. mal überrunde, dreht er voll auf und zieht mich! Mal locker 2km läuft er in meinem Tempo mit. Danke Stefan, super Aktion! Wieder ne Runde mehr. 22:55min - 4:35min/km das ist immer noch top. 2:57:42 die Zeit bei KM40. Mit einem 5'er Schnitt laufe ich locker unter 3:50. So war es ja geplant. Aber jetzt ist doch mehr drin. Bestzeit! Vielleicht sogar Sub 3:45. Das war doch mein Ziel für Bottrop 2010. Leider wurde es ja nichts durch diese blöde Verletzung. Aber heute bin ich wieder voll da. Los jetzt, 10km alles mobilisieren. Anstieg hochgeschleppt, Marathondurchlauf kommt. In diesem Jahr sogar mit extra Zeitmessmatte. 3:07:15 ich brech ab, diese Zeit bin ich beim letzten Koberstädter Waldmarathon nicht gelaufen. Und das hier ist ein 50'er! Also noch 7,8km beißen. Die Füße brennen jetzt auch, aber das werd' ich jetzt auch noch überstehen. Denk an das Zielbier, die Sub 3:45 es ist so greifbar nahe. Ich schleppe mich runter zum Gänsbrüh. Wenn ich jetzt da unten durch bin, dann ist es noch eine Runde. 23:25min - 4:41min/km. Mir kam das schon vor wie ein Schnitt über 5min/km. 5km noch, das ist doch eigentlich gar nichts. Wie viel Zeit bleibt mir noch? 24:46 für 5km. Ich darf also auf keinen Fall über die 5min/km kommen. Das wird verdammt hart in diesem Zustand. Zum letzten mal vorbei am Versorgungsstand. KM Marker kommt. 4:49 für KM46. So würde es reichen. Aber jetzt geht es erst mal wieder leicht hoch. Endlos zieht sich dieser eigentlich harmlose Anstieg. Bin total platt, KM 47 in 4:53min. Das kann doch nicht wahr sein, ich verliere immer mehr an Boden. Es geht nichts mehr. Wendepunktstrecke, nochmal überholen im Grünstreifen. Wende am Tisch, ich komme kaum mehr vom Fleck. Noch einmal übers Feld, dann in den Wald und runter zum Gänsbrüh'. Das ist doch echt nicht weit! 4:53min für km 48. So muß es doch reichen. Nur noch rüber in den Wald. Zum Gänsbrüh' runter geht es doch von selbst. Endlich rein in den Wald. Nochmal anziehen, jetzt alles rausholen. 4:50 zeigt die Uhr für KM49. Mir bleiben noch 5:20min für den letzten KM. Das werde ich schaffen. Den Lärm vom Ziel kann ich schon hören. Wie geil, das ist jetzt was für Genießer. Ich werde schneller. Das nimmt mir keiner mehr. Was für ein Comeback nach der Verletzung. Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Das ist der Lohn für konsequentes Training. Mit der Zieluhr im Blick geht es runter. Das reicht locker für die Sub 3:45. Noch ein paar Meter. Ja, geschafft!! 3:44:20 neue Bestzeit auf 50km.
Nicht möglich! Sub 3:45 und neue PB über 50km
Alles da, vorbildliche Zielverpflegung
Immer wieder schön, der Zieleinlauf
Erst zieht er beim Bärenfelsmarathon mein Auto aus dem Schnee, dann macht er 2km lang die Pace in Runde 8 für mich. Stefan vom Bärenfelsmarathon Team
Der Rückweg zu den Duschen wie immer eine Qual. Ich werde ständig überholt. Wo nehmen die denn alle die Kraft her? Wohl nicht alles gegeben beim Ultra?
Noch etwas ganz besonderes in diesem Jahr. Die Duschen sind warm! Ein Traum!
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