Sonntag, 20. Februar 2011
5.Kristallmaraton Merkers
Nach dem Rodgau Ultra mußte ich das Training wegen anhaltender Knieprobleme stark reduzieren. Die Woche vor dem Untertagemarathon verzichte ich komplett aufs Training. Zu stark waren die Knieschmerzen. Lieber mit weniger Problemen starten. Zusätzlich kommt Freitags noch eine Erkältung hinzu. Die Nase ist dicht. Der Kopf drückt. Zahnschmerzen......das darf doch alles nicht wahr sein.
Am Samstag geht es los. Diesmal ist meine Lebensgefährtin Anja mit dabei. Wir wollen in Bad Salzungen übernachten, und Sonntags eben dann der Marathon. Ich habe gleich mal ein Ticket für eine Begleitperson mitgeordert.
Schon bei der Fahrt bekomme ich Kopfschmerzen wegen der Erkältung. Es ist zum kotzen. Als ob die Knieprobleme nicht schon genügen. Wir erreichen um 17 Uhr das Hotel in Bad Salzungen. Für 66 Euro ein Doppelzimmer mit Frühstück ist echt ok. Am Abend geht es in den "Kartoffelkäfer" zum Essen. Hier wird alles aus der Kartoffel gemacht. Ich gönne mir die Spezialität des Hauses - eine Kartoffelpizza. Sehr lecker und kalorienreich. Noch ein kleiner Spaziergang um den See am Hotel, dann falle ich auch schon todmüde ins Bett.
Kann man nur empfehlen, der "Kartoffelkäfer" in Bad Salzungen
Sonntag um 6 Uhr in der Früh aufstehen. Soweit schon mal alles einpacken, Knie und Oberschenkel noch schnell getaped. Die Kopflampe am Helm befestigt. 7 Uhr leckeres Frühstücksbüffet. Hier könnte ich mich jetzt wirklich sattessen. Aber geht leider nicht. Müsli mit Joghurt und 2 Brötchen. Start ist um 11 Uhr, das müßte ja dann gut verdaut sein.
Helm und Kopflampe sind Pflicht beim Untertagemarathon
Pünktlich 8:30Uhr sind wir im Gebäude der Erlebnisbergwelt Merkers. Ich hole die Startunterlagen und den Zeitmesschip ab. Im Umschlag befindet sich noch ein Fahrchip mit einem Kordel darum. Was wir jetzt noch nicht wissen, es ist bereits die Finisher Medaille. Eigentlich können wir auch schon die 500 Meter nach unten fahren. Vor dem Marathon gibt es noch einen 10KM Lauf. Also kann man sich das ja noch ansehen.
Das Bergwerk in Merkers
Bin schon sehr gespannt was mich 500 Meter tiefer erwartet
Ausgabe der Zeitmesschips
Ganz schön viel Elektronik für ne Zeitnahme
Das ist kein Fahrchip, das ist die Finisher Medaille!
Mit Transportern werden wir vom Förderschacht zum Start/Ziel Bereich gefahren
Erinnerungsfoto am riesigen Schaufelradbagger
allgemeines warten auf den Start
Noch ein bisschen von dem guten Rennsteig Wasser, die Luft hier unten ist sehr trocken
bereit zum Start
Die 10km Läufer sind fast alle durch. Jetzt wird der Marathon gestartet. 13 Runden mit je 3,25km sind zu absolvieren. Insgesamt rund 750 Höhenmeter. Das alles bei angenehmen 21-23° Grad. Los geht es! Die Gerade im großen Saal hinunter, gleich folgt eine scharfe Linkskurve raus aus dem Saal und hinein in die dunkeln Gänge des Bergwerkes. Aber was ist das denn für ein Hammer gleich zum Anfang! Ein brutal steiler Anstieg mit mehreren Kurven versehen. Natürlich geht das jetzt in der ersten Runde noch, aber ich bin echt froh, als ich die Kuppe erreiche und es erst einmal wieder eben ist. Weiter geht es im ständigen auf und ab. Ich bin schon total geschwitzt. Dieser fiese Anstieg gleich zu Anfang hat es wirklich in sich. Die Wege sind sehr breit, hier gibt es keinen Platzmangel. Vorbei an an verschiedenen Grubenfahrzeugen, einer kleine Nische mit Tischen für Untertage Feierlichkeiten. Alles in allem ist die Strecke gut ausgeleuchtet, ab und zu gibt es ein paar dunkle Stellen. Doch dafür hat man ja schließlich die Kopflampe. Nicht nur die Steigungen sind heftig, auch die Gefälle. Brutal geht es teilweise nach unten. Ich will gar nicht darüber nachdenken, wenn man da hinfällt. KM Marker sucht man vergebens, das macht es nicht einfach das Tempo vernünftig einzuteilen. Der Verpflegungsstand kommt. Pro Runde hat man 2x die Gelegenheit Sprudelwasser oder Cola nachzuladen. Ein Verpflegungsstand befindet sich direkt am Ausgang des großen Saales, der 2. etwa nach ca. 1,8km nach einem Anstieg. Jetzt folgt eine ewig lang gezogene leicht ansteigende Gerade. Die scheint ja gar nicht aufzuhören. Plötzlich ein Warnschild 15% Gefälle und ein Abzweig nach links. Das scheint nun der Gegenpart vom steilen Anstieg gleich zu Anfang des Rundkurses zu sein. Hier wird jetzt wirklich alles abverlangt von Knochen, Bändern, Muskeln und Sehnen. Noch einmal rechts um die Kurve, wieder ein Gefälle. Eine kleine Wendepunktstrecke folgt und ab geht es auf einer Geraden in Richtung dem großen Saal. Man kann das helle Licht schon sehen. Runter in den Saal. Die Ansagen aus dem Lautsprechen schallen einem entgegen. Auf einer kleinen Anzeigetafel wird für die Läufer die aktuelle Zeit und die Anzahl der noch zu laufenden Runden angezeigt. Der allererste Richtwert für Runde 1 liegt nun vor. 13:34min auf 3,25km das bedeutet ein KM Schnitt von 4:10min/km. Ein abartiges Tempo, welches ich da vorgelegt habe. Ich muß bescheuert sein!
Breite Laufwege. Bild von Wolfgang Bernath zur Verfügung gestellt. Danke!
Ausgediente Fortbewegungsmittel. Bild von Wolfgang Bernath zur Verfügung gestellt. Danke!
2. Verpflegungsstelle des Rundkurses. Bild von Wolfgang Bernath zur Verfügung gestellt. Danke!
Vorbei an den Zuschauern, da steht auch schon Anja und macht fleißig Fotos. Die zweite Runde folgt. Gleich mal der Hammer Anstieg. Ich bin ja jetzt schon so platt wie im Rodgau nach 20km! Das gibt hier ein Drama, wenn ich nicht bald etwas an Geschwindigkeit rausnehme. Schnell mal Wasser an der Verpflegung. Sprudelwasser! Was soll das? Haben die denn kein stilles Wasser. Ich habe echt kein Bock auf Seitenstechen! Aber es bleibt mir wohl nichts anderes übrig. Das Knie verhält sich bisher ganz gut, trotz diesen extremen Belastungen. Auch die verstopfte Nase und der Druck auf im Kopf lässt sich dank Wettkampfadrenalin gut ausblenden. Von langsamer werden keine Spur. Runde 2 in 13:41min Schnitt 4:12min/km.
Nach 2 Runden im viel zu hohen Anfangstempo kommen schon die ersten Zweifel
Auf in die 3. Runde, dann hätte ich schon mal fast 10km geschafft. Der Anstieg gleich zu Anfang macht mich völligst platt. Auch diese kleinen fiesen Anstiege werden schon zur Herausforderung. Jede Runde jetzt Sprudelwasser, es muß sein bei dieser trockener Luft. Durchlauf im großen Saal, ich höre Anja rufen, "du fällst immer weiter zurück". Ja das war klar! Aber trotzdem nehme ich Runde 3 und 4 noch im 4:19er Schnitt. 13km sind jetzt gelaufen. Endlich mal ne volle KM Zahl, da kann ich doch mal hochrechnen. 55min20sekunden das macht ein Gesamtschnitt von 4:15min/km. Ich muß wohl total die Nerven verloren haben, was für ein mörderisches Tempo bei diesem Höhenprofil. Noch nicht mal die Hälfte ist gelaufen und ich bin bereits am Limit. Runde um Runde verliere ich weiter an Boden.
Die Rundenzeiten: Wieder mal zu schnell angegangen, gegen Ende gibt es nur noch Schadensbegrenzung
Es wird zur Qual, die Fußsohlen melden sich bereits. In Runde 6 greife ich zum ersten Mal zu Gel. Gerade die Gefälle sind sehr schmerzhaft für die Fußballen. Hoffentlich kann ich das durchhalten.
Noch 7 Runden. Nach der nächsten Runde habe ich gerade mal die Hälfte geschafft!
Schon längst laufe ich irgendwie nur noch durch. Als nächstes Ziel habe ich mir KM26 vorgenommen. Hier sollte ich doch irgendwie noch unter 1:57:00 bleiben. Das würde bis dahin noch einem KM Schnitt von 4:30min/km bedeuten. Die schlimme Steigung gleich zu Anfang wird von den meisten Läufer/innen bereits halb im gehen, halb im joggen genommen. Das Ding hat es aber auch in sich. Kein Vergleich mit irgendwelchen Steigungen vom Bergtraining im Odenwald. Ich muß das alles auch noch alleine durchstehen, keiner läuft in meinem Tempo. Also auch kaum mentale Unterstützung unterwegs. Ebenfalls sehr mau der Durchlauf im Saal. Auch hier ist jetzt kaum mehr was los. Die 10km Läufer haben wohl das Bergwerk schon verlassen.
Wie leergefegt. Die meisten 10km Läufer/innen haben bereits das Bergwerk verlassen. Kaum mehr Unterstützung beim Durchlauf. Sehr schade....
Wie ferngesteuert laufe ich weiter. Die angepeilte KM26 Zeit schaffe ich trotzdem locker. Mit 1:53:27 bin ich wirklich gut im Soll. Natürlich kann ich diesen Schnitt nicht mehr halten, aber wenn ich mich jetzt zusammenreiße und das irgendwie durchziehe, dann sollte doch ne gute Platzierung rausspringen. Mich überholt doch seit Runden keiner! Auf los, nochmal Gel reingedrückt. Wieder diese 15% Gefälle. Mir platzen gleich die Füße! Durchlauf im Saal, 9.Runde geschafft. Noch 4 Runden! Jetzt wird nicht schlapp gemacht. Steigung rauf, komm weiter! Irgendwie wird es gehen. Immer schlimmer werden die Schmerzen von den Fußsohlen. Kaum irgendwelche Streckenteile sind zur Erholung zu gebrauchen. Die langgezogene leicht ansteigende Gerade scheint gar nicht mehr enden zu wollen. Und wenn es dann endlich geschafft ist, dann folgt das 15% Gefälle Warnschild. Wieder habe ich irgendwie diese Runde geschafft. Der KM Schnitt von 4:41min/km ist für meinen Zustand geradezu sensationell. Ich zeige Anja 3 Finger für 3 Runden beim Durchlauf im Saal. Steigung rauf. Denk ich doch mal so: wenn die Steigung geschafft ist, dann klappt der Rest auch. Noch 3x hier hoch. Jetzt nicht gehen, das ist das Ende, auch wenn es noch so verlockend ist. Lass die anderen ruhig gehen. Dafür bin ich eine Stunde früher im Ziel. Noch einmal überrunde ich Lauflegende Sigrid Eichner, die hier ganz bravourös ihre Runden dreht. Altersklasse W70, weit über 1500 gelaufenen Marathons........Riesenrespekt vor dieser Frau.
Lauflegende Sigrid Eichner. Bild von Wolfgang Bernath zur Verfügung gestellt. Danke!
Lange Gerade stur rauf, Gefälle stark abgebremst noch unten. Es geht echt nichts mehr. Die Fußsohlen brennen wie Feuer. Nach der Wende komme ich fast nicht mehr in Gang. Rein in den großen Saal. Nur noch 2 Runden, nur noch 6,5KM. Nur noch ist gut, der Anstieg holt mich gleich mal auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Oberschenkel fangen schon leicht an zu verkrampfen. Wieder geschafft. Ich bin oben! Ob ich das noch einmal schaffe. Die Oberschenkel sind echt kurz vor der Krampfgrenze. Ich schleppe mich irgendwie durch diese Runde. Das Gefälle ist die Hölle. Aber der Gedanke, dass ich da nur noch 1x durch muß läßt mich weiter laufen.
Die letzte Runde wird eingeläutet, noch einmal alles rausholen
Steigung rauf, die Oberschenkel sind zum zerreißen gespannt. Jetzt nicht aufgeben, gleich bin ich oben. Noch eine Kurve, die Kuppe ist zu sehen. Ja! Ich bin oben, so jetzt nur noch die paar kleinen, kurzen Steigungen und natürlich die Gefälle. Die Füße brennen, ich darf gar nicht an die Gefälle denken. Nochmal Steigung zum Getränkestand rauf. Wasser geschnappt. Weiter geht es. Vor mir läuft noch jemand in meinem Tempo, der könnte auch in der letzten Runde sein. Ob ich da nochmal vorbei komme? Eher nicht, er zieht davon. Ich versuche dran zu bleiben. Nochmal das Hammer harte Gefälle. Ich weis nicht wie ich das schaffen soll. Ach egal, einfach runter. Die Hölle, es ist wie barfuß über heißen Asphalt laufen. Zum letzten Mal der Wendepunkt. Läufer vor mir im Blick. Ich bleibe dran. Er zieht an. Ich versuche auch nochmal alles. Die Gerade zum Saal. ich sehe schon das Licht. Ja und ich schaffe es doch tatsächlich an Ihm vorbei zu ziehen! Runter in den Saal. Ich habe es geschafft. Im Endspurt geht es zum Ziel. Ich jubele, freue mich, ich hab's geschafft. Ich kann es kaum glauben. Der Zielkanal kommt. Plötzlich zieht doch der bereits überholte Läufer noch an mir vorbei. Unglaublich! Ach was soll's. Ist mir egal. Im Ziel gibt es gleich das Ergebnis per Ausdruck. Ich bin Gesamt 11. und 1. in der Altersklasse 40. Was für ein Kracher! Es hat sich gelohnt! Die Quälerei war nicht umsonst. Wahnsinn! 3:12:05 meine Endzeit.
Geschafft und 1.Platz in der Altersklasse 40! Heute Abend wird gefeiert.
Leider gibt es hier nichts zu trinken im Zielauslauf. Auch die üblichen Riegel oder Äpfel sucht man vergebens. Sehr schade, bedenkt man noch den Preis von 44 Euro.......
Egal Anja holt mir gleich ein alkfreies Weizen von der Bar, und ne Banane habe ich auch noch dabei. Ich bin kaum mehr in der Lage zu gehen. Es ist wirklich heftig. Kurze Erholung, bisschen frisch machen auf der Toilette. Duschen gibt es Untertage leider keine. Aber ich habe Wechselklamotten dabei. Ich will eigentlich nur noch nach oben. Nun muß ich die Siegerehrung abwarten! Ich treffe noch auf Wolfgang Bernath, der heute seinen 50.Marathon/Ultramarathon gelaufen ist.
noch ein Grund zum feiern! Wolfgang Bernath finished seinem 50.Marathon! Bildquelle: Wolfgang Benrath. Danke!
Fast 2 Stunden warten bis zur Siegerehrung. Das alkfreie Weizen ist bereits aus! Endlich Siegerehrung! Aber außer ner Urkunde und einem Händedruck gibt es für die AK Sieger nichts! Ein bisschen ärgerlich ist das schon.
Um 17:15 Uhr sind wir dann endlich wieder oben an der frischen Luft. Die erste Zigarette für Anja seit 9 Uhr! Das ist auch ne tolle Leistung!