Sonntag, 14. April 2013

30.Vienna City Marathon Wien



Ich hatte mir so viel vorgenommen für meinen 4.Start in Wien. Doch es kam wieder anders. Nach dem Bienwaldmarathon im März kränkelte ich 2 Wochen rum. Teilweise mit Fieber. Somit war das Training bis auf zwei kurze Einheiten komplett ausgefallen. Blieben gerade mal 3 Wochen bis zum Wien Marathon, um irgendwie wieder in die Spur zu kommen.

1. Woche 107km incl. 33km langer Lauf, 16km Tempolauf mit Pace 4:44min/km
2. Woche 81km incl. 25km langer Lauf, Intervall 3x5000 im MT (abgebrochen nach 2.Intervall da Tempo nicht gehalten werden konnte und Puls extrem hoch)
3. Woche 84,4km incl. Marathon Sonntag, Mittwoch Intervall 3x1500 im MT (gerade so gepackt)

Bei allen Trainingseinheiten der letzten Wochen ist der Puls um locker 10 Schläge höher als normal. Weitere gesundheitliche Probleme der Atemwege machen mir ebenfalls extrem zu schaffen.

Von den Trainingsleistungen und der augenblicklichen Verfassung kann man einfach nur versuchen gut durchzukommen. Zeit unter 3:30 wäre schon ok. Unter 3:20 müßte, wenn es läuft, auch noch drin sein.

Die Anreise erfolgt dieses mal mit dem Flugzeug. Bei 94€ Hin-und Rückflug Frankfurt-Wien kann man nicht meckern.
Für weitere 4 Euro (oder 2 Euro wenn man das Wien Ticket hat) fährt die Bahn direkt in die Stadt.
Ratz-fatz sind wir in der Standard Unterkunft "Jugendgästehaus Central". 3 Übernachtungen mit Frühstück im Doppelzimmer mit Dusche und WC für 156€. Alles andere ist überflüssiger Luxus.

Gleich mal los zur Messe. Um 14Uhr ist Foritreff vom Runnersworld. Leider hab ich niemanden getroffen. Naja was soll's. Unterlagen abgeholt und wieder zurück in die Unterkunft.

Abendessen diesmal im Wiener Rathaus bei der Kaiserschmarrnparty. Ich dachte das muß man sich einfach mal geben. Aber es ist eine Pleite! Für 9€ gibt es einen Teller Pasta oder Kaiserschmarrn. Die Portion reicht gerade mal um einen Halbmarathon zu laufen. Also muß ein 2.Teller her! Alkfrei Weizen war auch schon aus. Ziemlich dick aufgetragen, aber nicht viel dahinter. Was nützt einem das ganze Ambiente vom Wiener Rathaus, wenn man nicht mal satt wird!
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Die Sachen für den Lauftag werden noch rausgelegt und um 22Uhr wird geschlafen.



Die Jubiläumsausgabe des Wien Marathons



Seit Wochen ist der 30.Wien Marathon ausgebucht



Kaiserschmarrn Party



Ein Teller reicht nicht! Mageres Essen auf der Kaiserschmarrn Party

Sonntag 14.April

Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Letzte Sachen einpacken, fertig machen und runter in den Speisesaal zum Frühstück. Heute extra wegen dem Marathon gibt es bereits um 6 Uhr Frühstück. 2 Brötchen mit Käse und Honig. Viel Kaffee. Und weil ich irgendwie noch Hunger habe, gibt's noch ne Scheibe Brot mit Honig obendrauf. Wetterprognosen noch gecheckt. Es wird sonnig und bis zu 22°C.



Notlösung Asics Tri Noosa. Beim Standard Marathonschuh DS Trainer ist die Fersenkappe durch



standard Marathonfrühstück

Ganz entspannt gehe ich die 10min Fußweg zur Bahnstation Handelskai. Ein paar Läufer/innen sind schon unterwegs. 2 Stationen zum Praterstern und jetzt wird es richtig voll. Die Menge drängt hinunter in die U1 rüber zum Start in die Uno City. Die U-Bahn ist proppenvoll. Ich bin froh, dass ich noch hinein komme. Die 3 Stationen kann man das mal ertragen. Kaisermühlen - Vienna International Center, alles stürmt nach unten auf das Startgelände. Ich stelle mich erst mal an den Dixies an. Ein bisschen Zeit muß man für den Toilettengang schon mitbringen. Bei über 40000 Startern und lediglich eine Hand voll Dixies, sind Wartezeiten um die 30 Minuten völlig normal.

Der Läuferbeutel muß ganz nach hinten in den bereitgestellten LKW gebracht werden. Von dort aus wieder ganz nach vorne in den ersten Block. Ganz richtig, roter Block! Immer noch bekomme ich einen Startplatz für "unter 3 Stunden" aufgrund der in Wien 2010 gelaufenen 2:58:43. Ich quäle mich nach vorne. Es ist total eng. Die Zugänge sind verstopft. Überall drängen die Starter in die Blöcke. Zwischen den beiden Startreihen geht fast gar nichts mehr. Hier stehen dummerweise auch noch sehr viele Angehörige um den Start ihrer Schützlinge quasi hautnah mitzubekommen. Irgendwie schaffe ich es um kurz vor 9 in meinem Starterblock zu sein. Wenn ich mich umsehe, dann sind wieder einmal sehr viele Starter/innen hier reingekommen, welche im Leben nicht mal unter 4 Stunden laufen werden. Na prima! Aber das war in Wien schon immer so. Keine Kontrollen der Starterblöcke.

Die Forerunnerpace stelle ich sehr zuversichtlich auf ne Zeit unter 3:15. Ja klar, warum denn nicht. Schlechte Trainingswerte und Vorbereitung sind eine Sache. Motivation, Wettkampfadrenalin, und in einer tollen Stadt wie Wien alles rauszuhauen was geht, ist die andere Sache. Auf geht's! Da geht was!



Das Startgelände befindet sich in der Uno City



30 Minuten anstehen vorm Dixie Klo sind normal

9:00 Uhr Start:

Das Feld setzt sich über die Reichsbrücke in Bewegung. Ein paar Brems und Ausweichmanöver müssen gemacht werden, aber im großen und ganzen geht es eigentlich. Zur linken die Mexicokirche, zur rechten der KM1 Marker. 4:30min, das ist schon mal gut, aber der Puls ist jetzt schon auf 153 (84%). Tolle Stimmung jetzt in der Lasallestraße Richtung Praterstern. KM2 in 4:07min, Puls auf 162 (89%). Verrückt! Viel zu schnell! Die Sonne knallt auch schon auf den Kopf. Ich könnte jetzt schon ein Getränk gebrauchen.

Vorbei am Prater, Zusammenführung der beiden Startspuren in der Prater Hauptallee. Bisschen enger, aber es geht doch irgendwie mein Tempo zu laufen. KM3 in 4:19min, Puls 165 (91%). Nach nur 3km hab ich einen Puls den ich im kompletten Bienwaldmarathon am 10.März nicht erreicht hatte. Jetzt muß ich die Pace drücken. Das ist sonst mein frühzeitiges Ende. Aber irgendwie bin ich jetzt drin und laufe so weiter. Mit 4:20min für KM4 bzw. 4:10min für KM5 geht es weiter. Das sind Zeiten welche ich im Training kaum halten konnte. Mal sehen, wie es bei KM10 aussieht. Wir verlassen den schattigen Prater. Weiter auf der Schüttelstraße am Donaukanal. KM6 jetzt mit 4:27min kommt schon eher an das geplante Tempo ran. Aber wie von selbst ziehe ich gleich wieder das Tempo an und laufe die nächsten 3km konstant mit 4:17min/km. Jeder Getränkestand wird angesteuert. Die plötzlich warmen Temperaturen, nach dem langen Winter, werden viele nicht so einfach verkraften.

Über die Schwedenbrücke geht es auf die Innenstadtseite des Donaukanals. Wie üblich tolle Stimmung am Schwedenplatz. Über Franz-Josefs-Kai in den Wiener Ring. Die Messmatte für KM10 überlaufe ich bei 43:12. Was für eine Zeit! Das sind 20 Sekunden schneller als im Bienwald. Das wird nicht zu halten sein mit dem Trainingsrückstand. Egal jetzt einfach weiter! KM11 wieder in 4:17min, Puls 168 (93%). Durch die Powerrade Partyzone vor der Oper, dann folgt der Abzweig auf die linke Wienzeile. Ein beschwerlicher Abschnitt. Leicht ansteigend und irgendwie eintönig. KM12 drücke ich mit 4:19min ab. Doch Kraft läßt nun nach. Darauf hatte ich die ganze Zeit schon gewartet. Dennoch kann ich die nächsten 5km zum Schloss Schönbrunn kurz vor KM17 mit einer Pace von 4:26min/km laufen.

Es folgt der Weg zurück auf den Wiener Ring. Erst mal die Schlossallee mit dem leichten Anstieg, dann die Mariahilferstraße. Scheinbar habe ich mich ein wenig erholt. Die nächsten 3km laufe ich fast konstant mit Pace 4:20min/km. Erstes Gel eingeworfen kurz vor KM20, funktioniert perfekt. Es folgt die Trennung von Halbmarathon und Marathon. Top Stimmung am Heldenplatz treibt an zu Höchstleistungen. 4:13min für KM21. Jetzt die große Frage. Wie sieht die HM Zeit aus? 1:31:38 - unglaublich! Das hätte ich vorm Start nie für möglich gehalten. Gleiche HM Zeit wie im Oktober in Köln. Dort hatte ich am Ende ne 3:06:43. Aber das waren auch ganz andere Zeiten. Damals war ich fit, konnte das Training durchziehen. Heute laufe ich bereits schon länger am Limit. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann der Einbruch kommt.

Erst mal geht es weiter im Wiener Ring. Vorbei am Parlament und dem Rathaus. KM22 in 4:22min. Abzweig in die Liechtensteinstraße KM23 in 4:24min. Vielleicht liegt es daran, dass die Strecke hier leicht abschüssig ist. Ansonsten kann ich mir nicht erklären, warum ich noch solche Zeiten laufe. Weiter Alserbachstraße auf die Friedensbrücke zu. KM24 in 4:23min. Über den Donaukanal rüber, geht es jetzt am Donaukanalufer weiter. Die Messmatte für KM25 kommt. 1:48:42 steht auf der Uhr. Noch gut 17km zu laufen. Ich fange an zu rechnen. Mit einem 5'er Schnitt packe ich die angepeilte Sub 3:15. Mit einer Pace von 4:44min/km würde ich sogar unter 3:10 bleiben.

Mit ner Sub 3:10 auf dem Heldplatz einlaufen. Das wäre der Kracher nach den letzten verkorksten Wochen. Noch geht es irgendwie, aber KM26 mit 4:35min zeigt dass es langsamer wird. Der Abschnitt Donaukanalufer zieht sich. Immer wieder kurze leichte Anstiege durch die Brückenköpfe. Ich stemme mich gegen den Einbruch. Mit 4:33, 4:32 und 4:26min für KM 27-29 läuft es auch noch halbwegs. Die Führenden des Marathons kommen und bereits entgegen. Die haben den gefürchteten Abschnitt in Prater hinter sich, und noch gut 4km zu laufen. Für mich sind es noch 13km. Ich darf da gar nicht drüber nachdenken, sonst werd' ich immer langsamer.

Weg vom Donaukanal, rein in den Prater. Jetzt wird es sich entscheiden, wie das heute ausgeht. Noch einmal ein Gel reingedrückt. Wasser geschnappt. Messmatte für KM30 überlaufen. 2:11:23. Das ist eine top Zeit bis hierher, aber ich kann einfach nicht mehr. Mal kurz überschlagen, mit 5:13min/km schaffe ich die Sub3:15 und mit ner 4:48min/km sogar die Sub3:10. Das muß doch irgendwie zu machen sein.

Der Wendepunkt am Ernst-Happel-Stadion will überhaupt nicht kommen. Es zieht sich ewig. Endlich, rum und auf der anderen Seite weiter. KM31 in 4:39min. Immer noch 11km. Abzweig auf die Prater Hauptallee, runter zum Wendepunkt am Lusthaus. Ich hoffe auf den aufputschenden Soundtrack von "Pirates of the Carebean". Aber scheinbar gibt es nach 2010, 2011 und 2012 keine aufbauende Musik in 2013 in diesem entscheidenden Abschnitt. Das ist wirklich ein Drama. Der Einbruch ist längst da. KM32 immerhin noch in 4:39min. Wie soll ich bloß die letzten 10km packen?

Ein verzweifelter Kampf auf der Prater Hauptallee. Die Kräfte schwinden, die Verzweiflung wird immer größer. Ich beiße die Zähne zusammen, versuche alles was geht. 4:37min für KM33. Einmal rum ums Lusthaus und alles wieder zurück. Die ersten überholen mich. Ein ganz schlechtes Zeichen. Wo bleibt nur der nächste Getränkestand? Komm' reiß dich am Riemen rede ich mir zu, aber die Batterien sind leer. Am Rand liegt einer und muß sich übergeben. Mit 4:43 und 4:50 für KM34 und KM35 nimmt das Drama seinen lauf. Ich stelle schon gar keine Hochrechnungen für die Sub3:10 an, denn mir ist klar, dass ich diese Zeit auf keinen Fall mehr schaffen kann. Hier geht es nur noch darum, ohne Gehpausen auf dem Heldenplatz zu kommen.

Immerhin, ich bin auf der Stadionallee. 7km noch ins Ziel schlurfen dann hab ich's gepackt. 4:50min für KM36, komm' bleib dran! Aber der eigentlich lächerliche Anstieg zum Abzweig in die Schüttelstraße zermürbt mich total. Umso erstaunter bin ich über die 4:47min bei KM37. Wie geht das denn? Ich geh' doch schon beinahe. Jetzt kommen uns die langsameren Läufer/innen auf der Gegenseite der Straße entgegen. Ich schaue rüber, viele winken und lachen. Für mich gibt es hier gar nix mehr zu lachen. KM38 stoppe ich in 5:16min. Zusammenreißen und nicht aufgeben, sonst entgleitet mir das hier komplett. 2:49:44 die Gesamtzeit. Cool bleiben und nicht die Nerven verlieren. Das sieht immer noch sehr gut aus! Nicht gehen! Wo bleibt die Franzensbrücke? Da noch über den Donaukanal rüber, und der Rest geht auch noch irgendwie.

Der Abzweig kommt, der Anblick der Inneren Stadt sorgt nochmal für einen kleinen Schub. KM39 in 5:04min. Radetzkystraße rauf zum Radetzkyplatz. Weiter zum Wienkanal. Einige Läufer gehen jetzt. Ich versuche aufzumuntern, "los komm häng dich, das ziehen wir jetzt durch". Aber wie das in den meisten Fällen so ist, wenn man mal geht, dann geht gar nix mehr. Weiter auf der vorderen Zollamtstraße. Da muß doch jetzt mal die "40" kommen. Wie soll ich das nur schaffen?

KM40 Messmatte, Gesamtzeit 3:00:07. Es geht nur noch ums ordentlich ankommen. Letzter Verpflegungsstand kommt. Ich nehme Cola, das sagt eigentlich schon alles. Über den Wienkanal auf den Wiener Ring. Die Stimmung wird besser, der Heldplatz kommt näher. Das setzt noch einmal letzte Kräfte frei. KM41 in 5:03min. Jetzt noch einmal durch die Powerrade Partyzone durch. Es kommt die Tafel mit 600 Metern. Gleich ist es geschafft. 500, 400, 300 - der Heldenplatz ist da. KM42 mit 5:08min interessiert nur noch am Rande. Die Qualen haben gleich ein Ende. Automatisch werde ich noch mal schneller. Das Heldentor wird durchlaufen. Die letzten Meter auf dem gelben Teppich. Geschafft! 3:11:10, na das ist doch ne prima Zeit. Zielzeit von Sub 3:15 klar geschafft. Unter Strich wäre mit einer verhalteneren Anfangspace ne Sub 3:10 möglich gewesen. Aber dennoch bin ich hoch zufrieden.



Endlich, die Qualen haben ein Ende. Einlauf auf dem Heldenplatz



Wien 2013 in 3:11:10 ist für heute echt ok. Ich bin zufrieden

Sofort geht es in den Verpflegungsbereich in der Hofburg. Ich bin völlig platt und brauche erst mal was zu trinken. Es dauert ein paar Minuten bis ich wieder erholt bin. Aber dann kann ich mir auch das verdiente alkfreie Weizen abholen und geniesen. Am Ausgang bekommt jeder noch einen Beutel mit ein bisschen Verpflegung drin. Das erste was ich nach dem Verlassen der Hofburg sehe, ist ein Aufkleber vom Mozart 100 Ultramarathon. Diesen Lauf hatte ich für dieses Jahr so ein bisschen im Hinterkopf. Die erste Reaktion nach dem Wien Marathon lautet. "das lassen wir besser mal".

Bei der Kleiderbeutelausgabe wartet Anja schon auf mich. Jetzt schnell in die U-Bahn und zurück in die Unterkunft zum Duschen. Nach einer kurzen Erholung geht es Abends traditional ins Schweizerhaus im Praterpark zum feiern.



Immer wieder schön im Wiener Prater



Schweizerhaus: Bier Thermometer zeigt 11°C

Montags noch ein bisschen Touri-Programm in Wien und Dienstags der Rückflug. Es war wie immer schön in Wien. Allerdings muß ich nach 4x hintereinander Wien Marathon sagen: "nächstes Jahr mach ich mal was anderes". Evtl. Hamburg oder Paris.



Lauf Analyse Wien 2013