Sonntag, 10. März 2013

38.Bienwald-Marathon



Es sollte die erste top Zeit im Jahr 2013 über die Marathondistanz werden. Mit einer 39:14 am 9.Februar beim 10'er in Gross-Gerau war die Euphorie groß. Doch dann kam die Grippewelle auch zu mir. Eine ganze Woche kein Lauftraining. Kurz darauf den Halbmarathon in Mörfelden noch geschwächt in 1:31:58 gelaufen. Noch 2 Wochen bis Kandel und der nächste Rückschlag kam. Verschleimete und teilweise schmerzhafte Bronchien lassen wieder kein richtiges Training zu. Dennoch komme ich auf 84km darunter 2 Läufe Sa/So über 26/20km.

Es kam noch schlimmer. In der Woche vorm Marathon wird der Druck auf Stirnhöhlen und Nebenhöhlen anstatt endlich nachzulassen immer mehr. So lasse ich 2 Trainingseinheiten aus und mache einen letzten Test am Samstag vorm Marathon. Das ganze Gesicht pumpt, es ist eine einzige Katastrophe. Der Puls im Vergleich 10 Schläge höher als normal. Ich belasse es bei 8km und versuche den Rest des Tages zur Erholung zu nutzen. Inhallieren, Nasenduschen und Tee trinken gehört sowieso schon seit langem zum täglichen Pflichtprogramm.

Der Wecker klingelt um 4:30Uhr. Ich komme gut raus, und zu meinem erstaunen hab ich mich über Nacht sogar ein wenig erholt. Mit geht es auf jeden Fall schon mal viel besser als gestern. Frühstück eingenommen, Tasche gepackt. Bisschen Fernsehen zur Enspannung. Immer wieder das gleiche Ritual. Um 6:30Uhr geht es los nach Kandel. Laufkumpel Thomas aus dem Ort noch eingeladen. Kurz vor 8 Uhr sind wir schon in Kandel. Das Wetter ist gegen allen Regen Prognosen gut. Es wird heute zum Lauf so um die 8°C werden. Teils sonnig, teils bewölkt. Quasi ideales Marathon Wetter.

Schnell sind die Startunterlagen abgeholt. Noch einen Kaffee getrunken. Das gratis Funktionslaufshirt wird ebenfalls gerne genommen. Bisschen rumgammeln auf der kleinen, überschaubaren Marathonmesse. In aller Ruhe umziehen für den Marathon. Ich entscheide mich für kurz/kurz plus ein Halstuch. Um 9:15Uhr geht es zum verabredeten Fori Treff vor der Halle. Treffpunkt an einer der unzähligen Kandel Bienen, welche noch in den letzten 3 Jahren an fast jedem Platz in - und um Kandel zu finden waren. Aber was ist in 2013? Alle Kandel Bienen sind wie vom Erdboden verschluckt! Lediglich im Stadion trifft man noch auf die Fussball-Biene. Aber auch ohne die Kandel Bienen finden fast alle den Treffpunkt.



Wieder viel zu früh, noch gar nichts los bei der Startnummernausgabe



Gerne genommen werden die Bienwald Shirts die im Startpreis mit enthalten sind



Fast alle haben den Fori Treff gefunden, auch wenn die markante Biene vor der Halle nicht mehr da war



Eckhard ist schon mal zum Start gegangen, voller vorfreude auf den Lauf. Carmen, Volker, Thomas, Gero, Frank, Mustafa

Wieder einmal ist Kurt Beck, der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, mit von der Partie, um den Start zum 38.Bienwald Marathon freizugeben. Ich bin spät dran und wurschtele mich nach vorne. Da treffe ich wieder auf Eckhard, dem kurzerhand am Start der Job des 3:45 Pacemakers aufgeschwatzt wurde. Wo soll ich mich heute einordnen? Ich bin auf keinen Fall fit. Der Halbmarathon von Mörfelden hat gezeigt, wie brutal sich eine gerade überstandene Grippe mit Trainingsausfall bemerkbar macht. Der 8km Test von gestern war ebenfalls schlecht. Ich würde sogar sagen, der Zustand vor dem Halbmarathon in Mörfelden war besser als heute. Am vernünftigsten wäre es wohl den Marathon heute nicht zu laufen. Aber dafür bin ich viel zu unvernünftig. Ein Lauf nicht am Limit, quasi als Training für den Wien Marathon im April. Zielzeit unter 3:30. So hatte ich mir das heute morgen noch beim Tasche packen ausgedacht. Aber ganz automatisch bewege ich mich in den Startblock für 3:15 und schneller.

10:00Uhr - Start

Ich komme gut weg vom Start. Das Feld is gut gefüllt, aber die Läufer/innen haben sich sehr diszipliniert, entsprechend ihrer Zielzeit eingeordnet. Keine sinnlosen Manöver, man wird fast gar nicht ausgebremst. Trotzdem will ich mich ein wenig zurückhalten. Die Ansprüche sind heute ja nicht so hoch. Nach einem kurzen Stück im Feld geht es wieder rein nach Kandel. Immer weiter die Saarstraße runter. KM1 in 4:32min ist schon mal ganz ok. Links und rechts viele Zuschauer, machen tolle Stimmung. KM2 sogar in 4:18min. Das ist zu schnell. Damit bin ich mit dem derzeitigen Trainingsstand in kürzester Zeit am Ende. Also bisschen Tempo raussnehmen. Die Strecke führt jetzt raus aus Kandel über das offene Feld. Bisschen Wind aber alles nicht so schlimm.Weit vorne kann ich Gero vom Foritreff sehen. Wenn der das durchhält, dann springt da heute ne top Zeit für ihn raus. Für mich ist heute nach den Grippe und Erkältungswochen kein großer Wurf drin. Ich muß sehen dass ich hier sauber durchkomme. Die Kräfte werden schneller nachlassen als mir recht ist. KM3 mit 4:25min ist daher immer noch zu schnell.

Die Ortschaft Minfeld kommt. Auch hier gibt es Anfeuerung von den Minfeldern am Straßenrand. KM4 in 4:24min. Was ist denn da los. Noch gestern ging nichts mehr im Training und heute läufts verhältnismäßig gut. Puls mit 142 (79%) ist top. Also warum nicht so weiterlaufen. Ein paar Kurven und Schlenker durch die Straßen und schon wird KM5 mit 4:18min/km abgedrückt. Wir verlassen Minfeld, es geht wieder raus ins Feld.

Die Strecke führt weiter durch Feld und Wald bis auf die Bundesstraße K15 nach Schaidt. KM6-9 laufe ich konstant im Schnitt von 4:15-4:20min/km. Am Abzweig zur Bundesstraße gibt es noch einmal ein paar Zuschauer, dann wird es recht eintönig. Breite Bundesstraße im Wald. Fast nur gerade aus. Die einzigen nennenswerten Dinge sind die Getränkestände und die 10km Messmatte welche ich bei 43:32min überquere. Das macht ein Schnitt von 4:21min/km. Das ich das nicht bis zum Ziel halten kann ist mir klar, denn so langsam geht die Pace auf die 4:30min/km zu. Hier fehlt jetzt einfach die Kraft. Wenn ich das so wenigstens bis zum HM Durchlauf halten kann dann sieht es doch gar nicht so schlecht aus.

Die Halbmarathonies haben uns nun auch verlassen und befinden sich bereits auf dem Rückweg. Das ist echt trostlos. Ich laufe fast alleine. Schaffe es nicht mich an jemanden ran zu hängen. Keiner da zu quatschen, wie öde! So bleibt nichts anderes übrig als das Programm runterzuspulen. Ein leichter Schmerz macht sich an der rechten Ferse bemerktbar. Mistkram, das wird wohl ne schöne Blase werden! Kurz vor Scheidt kommen bereits die Führenden vom Wendepunkt zurück. Endlich Schaidt ist erreicht. Traditionel steht wieder die Musikkapelle am Ortseingang.

Hier ist jetzt durch den Wendepunkt wieder was los auf der Strecke. Man feuert sich gegenseitig an und schon kann ich die Pace für ein paar KM wieder unter die 4:25min/km drücken. Wendepunkt genommen, alles wieder zurück. Jetzt kommt mir auch Thomas entgegen. Er will heute die Sub 3:30 packen, so wie das aussieht packt er das locker, da sehe ich kein Problem. Die Musikkapelle ist passiert, ich bin wieder auf der Bundesstraße. KM19 in 4:24min. Puls auf 158 (87%) das passt doch alles!

Noch 2km sind zu laufen bis der Abzweig zur Wald Wendepunktstrecke kommt. Auf der Gegenspur ist ganz schön was los. Schön das doch so viele den Marathon laufen. Eckhard mit der Pace für Zielzeit 3:45 ist auch dabei. Gefolgt von einem ganzen Pulk. Ich muß mich jetzt so langsam um die Versorgung kümmern. Der erste Gelpack muß rein. Klappt super. Die Getränkestände sind vorbildlich aufgebaut. Die Helfer machen das prima, man verliert keine Zeit.

Jetzt der Abzweig in den Wald, über die Messmatte zur HM-Zeitnahme 1:32:32 meine Durchlaufzeit. Schnittpace von 4:23min/km für die erste Hälfte. Mal sehen wie der 2.Abschnitt verläuft. Noch immer kann ich die aktuelle Pace unter 4:30min/km halten. Jeder KM mehr auf der Uhr ist einer weniger zu laufen. Schon kommt der 25'er Marker. Man kann den Wendepunkt vom Abschnitt quasi schon fühlen. Auf der Gegenseite kommen die schnelleren entgegen. Auch Gero ist weiter mit dabei, das könnte reichen für eine Sub3. Auf Gero gib alles!

Es wird immer zäher. KM26 mit 4:33min jetzt doch über der 4:30'er Marke. Der Wendepunkt kommt, ich versuche nochmal dagengen zu halten. KM27 und KM28 in je 4:29min bzw. 4:26min/km gelaufen. Nochmal ein Gel rein für die letzten 14km. Ich bin wirklich platt, aber das muss ich jetzt durchziehen. Von hinten zieht Isabella Bernhard, die Siegerin von 2002, an mir vorbei. Die läuft hier wie ein Uhrwerk, "super eingeteilt!" kann ich da nur anerkenned zurufen. Ich hänge mich dran, versuche dranzubleiben. Und tatsächlich, es gelingt mir die Pace weiterhin unter 4:30min/km zu halten. Ja ich kann sogar nochmal an Isabella vorbeiziehen. Da kommt Eckhard mit der Zielzeit 3:45 auf der Gegenseite. Und er hält sogar extra an, um von mir ein Foto zu schießen! Was für ne super Aktion! Danke Eckhard! KM29 in 4:30min und KM30 in 4:27min/km.



Was für ne geile Aktion. Eckhard bleibt einfach stehen und knipst Bilder von mir. Fotoquelle Eckhard



Laufanalyse Kandel 2013. Deutlich zu sehen der Einbruch bei KM34.

Den Marker für KM30 passiere ich bei 2:12:14. Selbst mit einem 5'er Schnitt bis ins Ziel, schaffe ich locker eine Sub 3:15. Aber das ist längst nicht mehr mein Ziel. Jetzt will ich ne Sub 3:10 packen! Da heißt es aber wirklich auf die Zähne beißen! Die Blase an der Ferse macht immer mehr Schmerzen, aber für 12km wird es wohl noch gehen. KM31 weiter top mit 4:29min. Die Bundesstraße ist erreicht. Jetzt wird es extrem trostlos. Diesen qualvollen Abschnitt kenne ich nur zu gut aus 2010 und 2011. KM31 in 4:29min.

Immer mal wieder packe ich es sogar noch jemanden zu überholen. Vor mir läuft jemand mit Fahrrad Begleitung. Nein, es ist ganz bestimmt nicht der Führende. Es ist eine privat Begleitung! Getränke, Gels, alles wird auf dem Rad mitgenommen und bei Bedarf gereicht. Da muß man sich um nichts mehr kümmern, sogar der Umweg zum Getränkestand wird damit erspart. Also jetzt mal ganz ernsthaft. Ich könnte jedesmal ausflippen wenn ich sowas sehe! Das ist Betrug! Aber ansporn genug um an den beiden vorbei zu gehen. KM32 in 4:27min. Gesamtzeit 2:21:10. Die Sub 3:10 ist greifbar nahe.

Der Kräfteverschleiß wird immer extremer. Wie lange geht das noch gut? Wieder 4:28min für KM33. Ich bin trotz allem weiter auf Kurs. Wenn da nicht diese ewig lange Bundesstraße wäre. Das zermürbt einen total. Man kann noch nicht einmal den Abzweig in den Wald erkennen. Langsam aber sicher geht die Pace und der Puls runter. Die klassischen Anzeichen vom Einbruch. KM34 in 4:33min und KM35 in 4:36min. Noch geht es irgendwie, aber diese letzten 7km können zur Hölle werden. Mir bleiben noch gut 35 Minuten für 7,2km.

4:39min für KM36. Wieder ein KM mehr auf der Uhr, aber immer noch 6km zu gehen. Weningstens kann man jetzt den Abzweig von der Bundesstraße erkennen. Es wird das befürchtete Drama. Ich schlurfe über den Asphalt. Hier geht nicht mehr viel. Abzweig nach links. Die Bundesstraße ist abgehakt. KM37 in 4:41min. Ich darf jetzt nicht nachlassen. Dranbleiben auch wenn jetzt nichts mehr geht. 5km, das muß doch zu machen sein! Ein leichtes Schwindelgefühl im Kopf kommt jetzt auch noch mit dazu.

Zum wiederholten Male zieht Isabella Bernhard an mir vorbei. Doch diesmal werde ich bestimmt nicht mehr aufschließen können. Verzweifelt versuche ich mitzugehen. KM38 Marker wird mit 4:39min abgedrückt. Bisschen mehr als 21 Minuten bleiben um unter 3:10 durch's Ziel zu laufen. 4km in diesem Zustand! Im Kopf dreht sich's immer mehr. Ich muß mich jetzt echt zusammenreißen. Das ist wirklich grenzwertig. Locker bleiben! Schön weiterlaufen, du packst das! KM39 in 4:46min. Der Querweg zurück zum Stadion entlang an den Gärten ist in Sicht. Meine Güte was für ein Drama! Durchbeißen! Ab und zu stehen Leute am Straßenrand, aber leider keine Aufmunterung. Das wäre jetzt so hilfreich.

KM40 hab ich erreicht. Mit 4:48min gar nicht mal schlecht. Ferngesteuert geht es weiter. Im Kopf zähle ich vor mich hin. Der Abzweig zum Stadion kommt. Die Zeit passt, aber ich muß noch ankommen! Alles dreht sich im Kopf, mir ist echt übel. KM41 trotz allem in 4:49min abgedrückt. Die Stadionrunde müßte doch eigentlich von alleine gehen. Aber erstmal hinkommen. Jeder Schritt eine Qual. Die aufgescheuerte Ferse brennt dazu. Ein letzes Mal zusammenreißen. Der Eingang zum Stadion. Rauf auf die Laufbahn. KM42, die Uhr zeigt 3:08:19. Hier geht jetzt gar nix mehr. Kein Endspurt, nichts. Einfach nur irgendwie durch's Ziel. Der Zielbogen kommt näher. Ich hab noch nicht mal Kraft zum jubeln und freuen. Nur ganz kurz strecke ich den Finger hoch. Mehr geht nicht. Rüber über die Messmatte, geschafft! 3:09:17. Ganz langsam torkele ich zum Versorgungsstand. Wie benebelt stehe ich vor den Getränken. Heute zuerst mal ne Cola mit Zucker. Nach ein paar Minuten geht es wieder etwas besser. Erst jetzt gönne ich mir ein alkfrei Weizen.

Eine grenzwertige Aktion, 2 Wochen nach einer Grippe die scheinbar immer noch nicht ausgestanden ist, den Bienwald Marathon zu laufen. Unterm Strich hat's wie immer Spaß gemacht, aber bleibt abzuwarten wie lange es dauert um wieder auf die Beine zu kommen. Schließlich ist am 14.April Vienna City Marathon und da sollte die erste top Zeit für 2013 gelaufen werden.