Samstag, 18. Juli 2009

19.Tannenberglauf Seeheim

Kurzfristig mal schnell zum Tannenberglauf in Seeheim angemeldet. Den Flyer hatte mir jemand beim Darmstädter Stadtlauf in die Hand gedrückt. Voll mit Wettkampfterminen, wollte ich eigentlich 4 Wochen keinen Wettkampf laufen. Aber so ein 10'er geht doch irgendwie immer.
Der besondere Reitz des Tannenberglaufes besteht darin, in den ersten 3 km ca. 230 Höhenmeter zu überwinden. Dann sollte das schlimmste überstanden sein. Die Werbetrommel für den Lauf wurde heftig gerührt, es ist also mit einem hohen Teilnehmerzuspruch zu rechnen. Auf den Plakaten kann man schon sehen, dass der erste Platz schon vergeben ist. Dominik Burkhardt die lokale Laufgröße aus Südhessen wird am Start sein.



Der Tannenberglauf, für einen Flachlandläufer vom Altrhein ein heftiges Höhenprofil



noch keine Ahnung was auf mich zu kommt, Stimmung noch gut



ab hier 230 Höhenmeter bis zum Wendepunkt in den Ruinen der Tannenburg

Zeitig in Seeheim angekommen. Im aller Selenruhe die Startunterlagen geholt. Ich habe noch viel Zeit und erkunde schon mal den Start und Zielbereich. Der Start liegt ganz dicht beim Ziel. Allerdings ohne die Bibchip Sensoren. Das bedeutet, die Uhr läuft beim Startschuß und endet wenn man durch das Ziel (mit Bibchip Sensoren) läuft. Also ganz nach vorne beim Start, sonst kann man hier schon wertvolle Zeit in den beengten Straßen um den Zielbereich herum liegen lassen. Noch umziehen und ein wenig warmlaufen, dann kann es auch losgehen. Die Temperaturen sind sehr angenehm, etwas über 20°. Ich schaffe es tatsächlich in den vorderen Bereich der Startes zu kommen. Aber anstatt endlich den Startschuss abzufeuern, wird noch ewig lange der Streckenverlauf erklärt. Man könnte fast glauben, es würden keine Ordner an der Strecke stehen, und Schilder gibt es auch nicht. So ausführlich wird der Weg beschrieben, dass die Läufer/innen an der Startlinie schon die Gesichter verziehen. Aber jetzt geht es endlich los.



der Start mitten in der engen Fußgängerzone.

Wie immer gleich mal schnell weg von Start. Nach ein paar hundert Metern geht es links um die Kurve den Berg hinauf. Jetzt geht die Quälerei los. Der erste Anstieg von 90 Höhenmetern auf 700 Meter Strecke muß teileweise über Treppen erklommen werden. Mir reicht es jetzt schon. Auf was habe ich mich denn da wieder eingelassen. Ich bin total froh, dass ich endlich diese erste Hürde genommen habe. Vorbei an dem Schulungszentrum der Lufthansa. Hier ist die Strecke jetzt halbwegs eben. Der erste Verpflegungsstand ist auch schon da. Gleich mal ein Isotonisches Getränk geschnappt nach nicht mal 10 Minuten laufen. KM Schilder gibt es scheinbar keine. Ich habe überhaupt keine Orientierung wie schnell ich eigentlich unterwegs bin. Die kurze Erholungsphase ist vorbei. Der Weg führt wieder in den Wald, steil nach oben. Kein Ende in Sicht. Wie lange dauern denn diese 3 KM bis zur höchsten Erhebung. Dass es so brutal werden würde, habe ich mir nicht träumen lassen. Der Weg ist leicht aufgeweicht durch die vielen Regenfälle der letzten Tage. Zum Glück habe ich mich für die stabileren Wave Rider Schuhe, anstelle der sonst bei 10km Strecken üblichen Lightweight Treter entschieden. Der Matsch macht das Bergauflaufen noch schwieriger. Da denkt man, dass es nach der nächsten Kurve endlich wieder eben ist, aber es geht immer weiter nach oben. Von der Tannenburg noch keine Spur. Ich muß jetzt irgendwie da durch, blos nicht gehen. Das wäre der Anfang vom Ende. Los zusammenreißen. Da kommt mir Dominik Burkhardt entgegen. Er war also schon am Wendepunkt in der Tannenburg. Dann muß ich auch bald oben sein. Ja ! Da ist die Ruine. Mit letzter Kraft noch hochgeschleppt. Durch die Ruine durch und jetzt nur nach unten. Am Scheitelpunkt taumele ich fast wie ein Besoffener. Ich bin jetzt schon total am Ende. Und eigentlich sind ja erst ca.3km vorbei. Die Uhr sagt um die 15 Minuten 30 Sekunden. Da hier ja keine KM Schilder stehen, dann kann man das auch nicht richtig zuordnen.



Der Wendepunkt. Die Tannenburg. Das Schlimmste ist überstanden.
Urheber des Bildmaterials: Spot1972

Jetzt heißt es konzentrieren und nicht im Matsch ausrutschen. Die Strecke wird eng. Ein paar Meter müssen wir uns den Weg mit den noch rauflaufenden Läufer/innen teilen. Am Anfang ist das Bergablaufen noch angenehm. Aber je länger es dauert, um so anstrengender wird es. Es geht rasend schnell nach unten. Der Puls von 170 (93%HFmax) bei der Steigung ist jetzt auf 155 (85%) gefallen. Die Kurven haben es in sich. Aufpassen im Matsch ! Jetzt geht es wieder ein kleines Stück nach oben. Das müßte also ungefähr KM 4 sein. Wir passieren die Treppen vom Aufstieg. Aber diesmal geht es vor dem Schulungszentrum der Lufthansa links runter Richtung Ortskern von Seeheim. Wieder steil bergab diesmal auf Asphalt. Das tut jetzt schon sehr weh. Ich hoffe nur, dass ich das alles ohne Verletzung überstehe. Das Tempo ist brutal hoch. Jeder stürzt sich die Straße hinunter. Ein paar Abzweigungen und es wird wieder halbwegs eben. Die Gegend kommt mir vertraut vor. Wir sind wieder im Start/Ziel Bereich. Vorbei am Friedhof, der Sporthalle noch kurz hoch. Links und gleich wieder rechts in eine sehr schmale Gasse. Hier kann jetzt nicht überholt werden, nur ein Läufer passt zwischen den Häusern durch. Nochmal ein Stück bergauf und rechts zum Zieldurchlauf. Und jetzt, wie geht es weiter ? 4 Runden sind im Ortskern zu laufen. Das sorgt für Verwirrung. Ich bin mir jetzt auch nicht mehr so sicher, und frage fast jeden Streckenposten an dem ich vorbei komme. Insgesamt muß man also 4 mal durch das Ziel laufen. Ich bin nur noch am überholen, denn jetzt kommen immer mehr Teilnehmer dazu. Runde um Runde wird es voller. Ich bin am Ende, weis gar nicht, wie ich das noch schaffen soll. Dabei sieht es doch ganz gut aus. Die Stimmung im Ortskern ist klasse. Das baut nochmal auf für die letzten 2 Runden. Im Zielbereich wird es nun immer enger. Viele Läufer/innen stehen schon mit dem Zielbier in der Hand an der Seite, obwohl ich mir sicher bin, dass da noch die eine oder andere Runde fehlt. Nicht irre führen lassen. Ich vertraue auf die Uhr. Die sagt nach 3 Runden um die 40 Minuten. Das kommt hin mit der Zeit. Nochmal die letzten Kräfte mobilisieren. Da geht noch was. Schnell vor der kleinen Gasse noch ein paar Läufer überholt. Mist ! Trotzdem ist noch jemand vor mir. Ich kann leider nichts machen. Raus aus der Gasse gleich überholt. Endspurt angesetzt. Das Ziel ist sichtbar. Das schaffe ich noch unter 44 Minuten. Auf los jetzt. Geschafft ! 43:51 ! Na das ist doch ganz gut für mich als nicht Bergläufer. Was ich im Anstieg auf die Tannenburg verloren hatte, konnte ich wohl in den Runden im Ort wieder gutmachen.



Das Ziel mit Bibchip Zeitmessung. Am Start allerdings kein Sensor. Wie geht das denn ?



Siegerehrung mit Grossleinwand. Links, die beiden Sieger Said Azouzi und Younes Ammouta vom Lang Lauf Jugenheim verlassen gerade die Bühne. Platz 1 und 2 in der Zeit von 33:39,7 vor Lokalmatador Dominik Burkhardt (35:01,3).

Am Ende für mich fast unglaublich. Platz 19 insgesamt und Platz 2 in der Altersklasse. Super. Damit habe ich im Leben nicht gerechnet. Ein brutaler, aber letztlich schöner 10’er auf die Tannenburg.