Sonntag, 11. November 2012

40.Herbstwaldlauf 50km Bottrop



Vorbereitung:

Ich bin hin und her gerissen. Soll ich nochmal ein 50’er Marathon in diesem Jahr zu laufen? Bottrop wäre der 4 Marathon in 6 Wochen, oder der 6 Marathon in 11 Wochen. Ich mach‘s!
Wie schon in den Wochen zuvor, genau 2 Wochen Zeit zur Erholung und weiteres Training.

Erste Woche nach Frankfurt Marathon 75km - 2x Dauerlauf, 1xJogging, 1xTempolauf 13km @4:36min/km, 1xLanger Lauf 21km bei strömenden Regen viel zu schnell in 4:51min/km.
Zweite Woche - Dienstag 16km in 4:59min/km, Mittwoch locker 16km in 5:36min/km.
Freitag 10km in 5:21min/km. Das war der letzter Test mit üblichem Marathonschuh Asics DS Trainer 16. Der Schuh ist platt. Es hatte sich ja schon beim Frankfurt Marathon abgezeichnet, aber ich dachte es geht noch mal. Nein, damit kann ich unmöglich einen 50km Ultra durchlaufen. Nach 13 Marathons und zig Trainingskilometer ist das zu mindestens für die Wettkämpfe keine Option mehr. Da muß ich mir noch was überlegen.
Freitagabend nach dem Bundesliga Fußball Mainz 05 – 1.FC Nürnberg sogar 2 Weizenbiere getrunken. Irgendwie halte ich mich nicht mehr an die Regel: „eine Woche vorm Marathon, kein Alkohol und keine Schokolade“ .
Samstag dann außerplan nochmal 7km im Regen gelaufen, um eine passende Schuh Alternative zu suchen. Die Wahl fällt auf den Nachfolger Asics DS Trainer 17, von dem ich im Training eigentlich noch nicht so überzeugt war. Aber jetzt habe ich keine andere Wahl mehr.

Sonntag 11.11.

3:00 Uhr in der Nacht. Der Wecker klingelt. Nicht richtig ausgeschlafen, packe ich die restlichen Sachen in die Tasche. Ein Brötchen und ein Joghurt reingedrückt. Dazu drei Tassen Kaffee schnell abgebohrt. Weitere 3 Brötchen mit Käse nehme ich mit auf die Fahrt. Der Toilettengang klappt um diese Uhrzeit noch nicht. Das muß ich dann unterwegs erledigen.
Ganz gemütlich die fast 300km nach Bottrop gefahren. Um 7:30Uhr bin ich auf dem Gelände von Bergwerk Prosper Haniel. Hier befindet sich Start/Ziel und alles was dazu gehört. Überall fleißige Helfer in den Shirts vom Herbstwaldlauf. Kaum zu übersehen, dass es sich in diesem Jahr bereits um die 40.Ausgabe dieses Kultlaufes handelt. Zu der Startnummer gibt es diesmal ein sehr schönes Halstuch vom Herbstwaldlauf und eine aufwendige Broschüre zum Lauf.



Pünktlich um 7:30Uhr bin ich auf dem Gelände von Prosper Haniel



Zur Startnummer gibt es Halstuch und ein aufwendiges Heft zum 40.Herbstwaldlauf



wie immer lecker Kuchentheke



zum 40.Herbstwaldlauf gibt es für 15€ das Laufshirt

Ich trinke noch ein Kaffee und denke über die Kleidung nach. Es sind um die 9° Grad, kein Regen, bisschen frisch, und wärmer wird das heute auch nicht mehr. Ich laufe in kurzer Hose, dünnes langarm Shirt, Laufshirt drüber und Halstuch. In die Taschen stopfe ich mir 3 Gels für unterwegs. Nochmal aufs Klo, aber irgendwie klappt das heute nicht richtig. 3 Uhr aufstehen, das hat mich total aus dem Rhythmus gebracht. Das sind keine guten Voraussetzungen. Leicht aufgebläht und etwas unwohl stehe ich um kurz vor 9Uhr an der Startline. Der Veranstalter gibt noch die Hinweise, für die langsameren Läufer/innen doch bitte rechts zu laufen, damit die Schnelleren ohne Probleme vorbeilaufen können. Der Abschnitt von KM20-28 kann sehr eng werden, da hier zeitversetzt auch die 6,8km, 10km und 25km Läufer/innen die Strecke mit benutzen. Ich habe mich recht nah an der Startline postiert, dass ich erstens gleich mein Tempo laufen kann, und zweitens läuft in Bottrop die Uhr mit dem Startschuss gleich für jeden mit. Die Zeitmessung erfolgt nur bei 25km und im Ziel. Jedoch nicht beim Start.



Umziehen in den Bergwerkskauen



Langarmshirt, Laufshirt drüber, kurze Laufhose und ein Halstuch ist meine Wahl für heute

9:00Uhr Start

Los geht es über die 50km. Je 2 Runden à 25km durch das Waldgebebiet Heidesee / Heidhofsee nördlich vom Bergwerk Prosper Haniel. Anfangs gibt es noch einen aufmunternden Beifall von den Zuschauern im Start/Zielbereich, ansonsten leider kaum weitere Unterstützung auf der Strecke. Der erste KM führt durch den Fernewald. Dann Brücke über die Betriebsstraße zur Halde Schöttelheide und weiter bis zur Bundesstraße L621. Der Untergrund ist eine Mischung aus Waldboden mit Steinen und Blättern. Nicht ganz so einfach zu laufen. KM1 in 4:22min und KM2 in 4:34min/km. Ich hab keine Ahnung, was da heute noch geht. Unter 4 Stunden müßte doch machbar sein, obwohl sich der Anfang schon sehr zäh anfühlt.

Kleines Stück auf dem Radweg neben der Bundesstraße, dann die Überquerung der L621 in das Waldstück Kirchheller Heide. Vor mir ein Läufer aus Essen. Den kenne ich schon von meinem 1.Start aus 2009. Ich laufe auf und wir quatschen ein bisschen. KM 3 und 4 mit je 4:29min/km ist im Vergleich zum Frankfurt Marathon etwas langsamer, aber es fühlt sich für mich schon jetzt zu schnell an. Die Strecke zweigt nach rechts ab. Immer gerade aus bis zum Wendepunkt. Hier ist bei KM7,6 der 2.Verpflegungsstand aufgebaut. Den Essener Läufer habe ich leicht abgehängt. Ich sehe Ihn nochmal kurz auf der Wendepunktstrecke, bevor der Weg wieder links abzweigt. Der wird mich wie in 2009 wieder am Ende einholen denke ich mir.

KM5-8 im 4:30’er Schnitt gelaufen. Eigentlich alles nach Plan, aber heute passt das irgendwie nicht. Ich bin müde, muß pinkeln und es sind noch 42km zu laufen! Was für ne Schnapsidee wieder mal. Ich könnte jetzt so schön gemütlich auf der Couch liegen, mittags noch einen lockeren langen Lauf über 20-25km machen. Aber nein, ich bin jetzt hier im Wald nördlich von Bottrop und muß das jetzt durchziehen!

Der 10km Marker kommt. Die Uhr zeigt 44:51. Wieder zweigt die Strecke nach rechts ab. Immer nur gerade aus. Ein kleines Stück jetzt auch durchs Feld. Außer ein paar Reitern und Sonntagsspaziergängern ist hier gar nichts. KM11 in 4:18min und KM12 in 4:34min/km. Nördlichster Punkt der Strecke ist erreicht. Abzweig Richtung Süden zum Heidehofsee. Die Strecke führt direkt am See entlang. Schöner Ausblick jetzt, das bringt doch ein bisschen Abwechslung. Weiter zum Heidhof. Ein großes Plakat mit der Aufschrift „nur einer wird Sieger sein, kehre hier gemütlich ein“ kündigt den nächsten Versorgungspunkt an. Hier ist wieder ein bisschen Stimmung. Wasser geschnappt und weiter geht’s. KM13/14 in je 4:25min/km.

Weiter durch die Kirchheller Heide zum Heidesee. Teilweise mit langgezogenen kleineren Steigungen und Gefälle. KM15-18 laufe ich mit Schnittpace 4:32min/km. Ein Streckenfahrrad kommt mir entgegen und gibt mir die aktuelle Platzierung durch. 14.Platz. Gar nicht mal so schlecht, aber ob ich das halten kann? Kurz vorm Heidesee muß man die Strecke ein kleines Stück mit den 10km Läufern teilen, aber das sind zum Glück noch die schnelleren und somit verliere ich hier keine Zeit. Abzweig am Versorgungspunkt Heidesee. Die Ultras müssen den See umrunden, die 10’er laufen auf einer Landzunge quasi mittendurch den See. Das erste Gel wird nun auch runtergespült. Ich hab leider viel zu wenig Wasser geschnappt am Verpflegungspunkt. Deshalb drücke ich den Gelpack auch nicht komplett rein. Weiter den See umrunden mit Pace 4:30min/km. Mal wieder etwas Abwechslung. Ein paar Spaziergänger sind auch schon unterwegs. Aber jetzt kommt genau das, was ich befürchtet habe.

Die langsamen 10’er treffen auf die Ultrastrecke. Es wird eng. Ich rufe „hallo Vorsicht, von links“. Die meisten Läufer/innen machen vorbildlich Platz, aber es gibt auch andere. Läufer mit Ohrenstöpselmusik checken nichts, oder erschrecken im letzten Moment. Da laufen sogar welche mit Kopfhörern rum, so groß wie Ohrenschützer. Wie sollen die denn was mitbekommen? Das ärgert mich und ich werde sauer. Ich sage es immer wieder, Kopfhörer mit Musik hat beim Wettkampf nichts verloren! Ich muß teilweise Slalom laufen. Will hier nur noch durch. KM21 im Frust mit 4:06min gelaufen. Aber das hat echt Kraft und Nerven gekostet. Höchster KM Pulswert vom ganzen Lauf mit 160(90%). Da kommt es mir gerade Recht, dass die Ultrastrecke kurzzeitig von der 10’er Strecke zum Versorgungspunkt 1 abzweigt. Jetzt erstmal einen Gang zurück schalten und erholen.

Das Getränk am Versorgungspunkt tut gut. KM22 wegen dringend benötigter Erholungsphase in 4:42min etwas langsamer. Über die Querung der Bundesstraße, zurück auf den Radweg. Wieder habe ich die 10’er vor mir. Hier auf dem Radweg ist es aber einfacher zu überholen. Trotzdem wird man automatisch schnell, weil man nur noch da durch kommen will. Abzweig zurück zur Zeche. KM23 in 4:16min.
Jetzt kommen zu allem Unglück auch noch die 6,8km Läufer/innen von der „Haldenumrundung“ mit dazu. Anstieg zur Brücke über den Betriebsweg. Das ist jetzt ganz eng auf der Brücke. Da kommt auch schon das Fahrrad für den Führenden des 50km Ultralaufes entgegen. Gerade noch so durchgeschlängelt. Die Fernewaldstraße zum Start/Zielgelände zurück. Wieder mehr Zuschauerunterstützung. Die 10’er und 6,8km Läufer/innen haben es geschafft, lassen sich feiern.



Einmal um den Heidesee laufen, in der ersten Runde noch kein Problem. Bildquelle: Stefan Dringenberg



25km Durchlauf bei 1:51:42. Das ist gerade mal 2:10min langsamer als in 2009

Einlauf auf dem Gelände vom Bergwerk Prosper Haniel. 25km Durchlauf bei 1:51:42. Das ist gerade mal 2:10min langsamer als in 2009. Wende zur zweiten Runde. Die entgegenkommenden Läufer/innen zeigen den Daumen nach oben, geben Applause. Danke! Das kann ich brauchen! Wieder über die Brücke gequält. Runter versuche ich kurzzeitig zu erholen. KM27 in 4:35min. Ich kann dieses Tempo nicht mehr halten. Diese 2.Runde wird zum absoluten Desaster. Da bin ich mir jetzt schon ganz sicher. Ich bin total platt. Weiter Radweg, jetzt Bundesstraßenquerung. Der Gegenverkehr ist jetzt zum Glück endgültig vorbei. KM28 wieder schneller mit 4:25min. Kaum bin wieder im Waldgebiet Kirchheller Heide, da werde ich auch schon überholt. Da hat sich einer die Kräfte wesentlich besser eingeteilt als ich. Ich kann irgendwie gar nichts mehr entgegensetzten. Vielleicht bringt ein Gel nochmal was. Da kommt schon der Versorgungspunkt. Rein damit. Wieder viel zu wenig Wasser um das vernünftig zu verdauen. Ich baue immer weiter ab. Der Läufer enteilt mir total obwohl ich versuche an Ihm dran zu bleiben. KM29 in 4:35min. Der Druck auf der Blase wird auch immer schlimmer. Normalerweise halte ich sowas durch bis zum Schluss. Aber heute ist das unerträglich! Vielleicht geht es ja vorbei. KM30 in 4:32min. Gesamtzeit bei 2:14:16. Macht ein Schnitt von 4:29min/km. Das ist doch noch ganz ordentlich. Ich halte es jetzt wirklich nicht mehr aus. Heute geht das echt nicht mehr. Kurzer stopp, pinkeln und sofort weiter. Mit 4:45min ist KM31 incl. Pinkelpause noch ganz gut.

Wieder Abzweig nach rechts auf die Wendepunktstrecke. Ich schleppe mich über die Strecke. Mein Zustand ist inzwischen wie im Marathon bei KM40. Nur bin ich erst bei KM31 und habe noch 19km vor mir! Was für ein Drama! Verdammt nochmal, reiß dich jetzt am Riemen und spul das Programm runter! Na bitte KM32 in 4:30min gibt nochmal Auftrieb. Wenn ich die Pace unter 5min halte, dann werde ich heute auf jeden Fall unter 4 Stunden im Ziel ankommen. Das muß das Ziel bleiben. Über 4 Stunden kommt überhaupt nicht in die Tüte! Immer weiter, wenn ich erst mal am Heidhofsee bin, dann geht der Rest auch noch irgendwie. Wendepunktstrecke, Wasser aufgenommen. Weiter entgegengesetzte Richtung. Nach meinen Berechnungen müßte ich noch auf Platz 15 liegen. Ein Läufer kommt mir auf der anderen Seite der Wendepunktstrecke entgegen. Diesen Abstand muß ich halten.

Abzweig nach rechts. KM33 in 4:44min/km. Ich kann nichts mehr zulegen. Kann nur noch versuchen dieses Tempo zu halten. Stur weiter laufen und in Etappen denken. Hier ist aber auch keine Ablenkung. Kein Mitläufer mit dem man gemeinsam jammern könnte. Trostlos! Nur das Schild von KM34 bringt wieder eine neue Meldung auf die Uhr. 4:36min, das ist doch top. Abzweig nach links. Jetzt steigt die Strecke auch noch leicht an. Total im Eimer laufe ich weiter. Vor mir erkenne ich einen Läufer mit Jogginghosen! Was macht der denn da? Nur mit Mühe laufe ich zu ihm auf. Er hat keine Startnummer. Der läuft hier nur zum Training! Wir quatschen kurz beim vorbeilaufen und schon ist wieder ein weiterer KM gepackt! KM35 in 4:51min ist allerdings besorgniserregend. Aber wir hatten ja auch eine leichte Steigung, versuche ich mir die Situation schön zu reden.

Wieder Abzweig nach rechts. Jetzt kommt diese ewig lange Gerade. Noch 15km die Uhr steht bei 2:37:53. Bleiben wir mal realistisch. Wenn ich diese 15km mit einer Pace von 5min/km laufe dann wäre ich um die 3:53 im Ziel. Das wäre ja echt ok. Aber das muß ich erst mal packen. KM36 in 4:34min Wahnsinn! Wie ist das möglich? Ich krieche doch nur noch über die Strecke. Jetzt kommt der Abschnitt im Feld. Vor mir gehen Sonntagsspaziergänger. Wahrscheinlich kehren die jetzt irgendwo in einem Gasthaus ein und schlagen sich den Magen voll. Die registrieren mich ja gar nicht beim überholen. Ein bisschen Applause oder ein paar aufmunternde Sprüche würden jetzt so gut tun! Wahrscheinlich fühlen die sich nur gestört von den ganzen laufbesessenen Verrückten die hier im Wald rumirren.

Das trostlose Stück im Feld ist geschafft, der Abzweig zum Heidhofsee kommt. KM37 in 4:57min. Der klassische Einbruch ist nicht mehr zu stoppen. Leider ist diesmal nicht bei KM42,2 Schluss. Heute wird es richtig schlimm! Der Heidhofsee kommt. Plötzlich ein ziehen im Unterleib. Es geht nicht weg! Seitenstechen! Das hat ja gerade noch gefehlt. Ich kann mich kaum mehr bewegen. Die Schmerzen werden immer stärker! Cool bleiben und beim auftreten ausatmen. Nichts hilft. Ich kann nur noch ganz langsam laufen. Was für eine Kacke! Laufe ich schneller werden die Schmerzen unerträglich! Das ist ja schlimmer als die Seitenstechen beim diesjährigen Luxembourg Marathon nach dem Tal de Pétrusse. Wie soll ich da noch ankommen? Die scharfe Wende am Ende des Heidhofsees treibt die Schmerzen in einen kaum erträglichen Bereich. Was habe ich auch für einen Scheiß zusammen gefressen in den letzten Tagen. Dann heute morgen insgesamt 3 Brötchen, ein Joghurt und ein Ei. Das muß ja schief gehen! Egal wie, gegangen wird jetzt nicht! Zähne zusammen beißen und versuchen locker weiter zu laufen! Der Verpflegungsstand am Heidhof kommt. „Helau!“ rufen die Helfer. „Ist den schon Fassenacht?“ frage ich. Ja! Wir haben längst nach 11:11Uhr. Na gut, das hilft mir aber auch nicht weiter. Ich greife nach Tee und bohre den ganzen Becher beim laufen hastig ab. Ganz allmählich entspannen sich die Seitenstechen. Es wird ganz langsam besser. Was für eine Erlösung! Diese Aktion hat jetzt Zeit gekostet. KM39 in 5:06min! Immer noch ist ein leichter Schmerz zu spüren, aber das läßt sich jetzt verkraften. Auf weiter noch 11km!

Immer noch keiner hinter mir. Haben die denn alle so viel Zeit verloren in der 2.Runde? Von weitem kann ich den KM40 Marker sehen. Jetzt wird es spannend. 3:02:04. Wenn ich ohne Gehpausen durchkomme, dann hab ich die angepeilte Sub4. Halte ich die Pace so gut es geht um die 5min/km, dann schaffe ich locker noch eine Zeit unter 3:55. Unter 3:55 das wär schon gut nach dem Programm der letzten Wochen. Auf geht’s, das pack‘ ich!

Mir kommt es so vor als würde die Strecke wieder ansteigen, aber wahrscheinlich bilde ich mir das nur ein. 10km, das ist wie die beiden letzten 5km Runden vom Rodau-Ultra, oder meine kleine Trainingsrunde auf dem Kühkopf. Das muß doch zu schaffen sein! KM41, 4:52min für den letzten KM gebraucht. Das ist ok. Abzweig nach links und jetzt steigt die Strecke wirklich an. Was für eine Schinderei! Immer wieder zähle ich jetzt schon verzweifelt im Kopf die Schritte „1-2-3-4-1-2-3-4“. Am 42‘er Marker drücke ich eine 4:59min ab. Ich bin fix und alle. An einem Baumstammstapel hängt die Markierung für den Marathondurchlauf. 3:12:52 meine Zeit. Das sind 4 Minuten langsamer als bei meinem letzten Start in 2009. Ja damals war ich besser vorbereitet. Hatte nur den Frankfurt Marathon und das Training in den Beinen. Diesmal sind die Vorzeichen anders. Da darf man schon mal ein paar Minuten langsamer unterwegs sein.
Der Heidesee ist in Sicht. Abzweig am Versorgungspunkt. Auf ein weiteres Gel verzichte ich jetzt lieber. Zu riskant! Jetzt bloß keine weiteren Seitenstechen mehr! Noch einmal um den See. Inzwischen sind jetzt viele Spaziergänger unterwegs, aber auch hier leider keine Reaktion. So muß ich mich jetzt selber für die letzten 7km aufbauen. Ich denke an andere grenzwertige Läufe in diesem Jahr. Luxembourg der letzte Aufstieg den Kirchberg rauf. Die letzten 8km von Münster bei überraschenden 28°. Oder die letzte Runde im Marburger Lahntal in der Sommerhitze. Alles irgendwie gepackt. Und das bring ich jetzt auch zu Ende.

Der See ist zur Hälfte umrundet. KM44 in 4:57min. Weiter laufen, es sind noch 6km. Der Weg führt jetzt weg vom See. Diesmal habe ich die Strecke für mich ganz alleine. KM45 in 5:12min. Gesamtzeit 3:27:05. Zusammenreißen! Bloß nicht nachlassen! Weiter im Wald parallel zur Bundesstraße. Diese letzten KM verlangen alles ab. KM46 wieder in 4:57min. Wie geht das nur, so k.o. zu sein und dennoch unter 5min zu bleiben? Mir soll’s recht sein. Auf nochmal zum letzten Versorgungspunkt. Wo ist der Tee. Mist schon vorbei gelaufen. Es gibt nur noch Wasser am letzten Tisch. „Scheiß egal jetzt, gib den Becher her“ rufe ich dem Helfer zu. Sorry, das war keine Absicht hier so pampig zu sein. So ein Ultra am Limit macht echt aggressiv. Die Helfer hier machen einen tollen Job. Ich hab mich mal wieder über mich selbst geärgert, dass ich den Tee am ersten Tisch verpasst habe.
Oh meine Güte. KM47 in 5:19min. Im Grunde ist doch alles gut, solange ich nicht in Gehpausen verfalle. Hinter mir ist immer noch keiner. Aber vor mir ist jetzt jemand! Das gibt es doch nicht. Da hole ich doch tatsächlich noch jemanden ein auf den letzten Kilometern. Der ist sichtlich am Ende, geht nur noch. „Los komm, häng‘ dich ran“, „die 3km laufen wir noch zum Ziel“. Keine Chance, er will nicht. Ein letztes Mal über die Bundesstraße auf den Radweg. Auf noch maximal 15 Minuten dann hast du es gepackt. Und das sieht gar nicht mal so schlecht aus. Platz 14 nach meinen Berechnungen und ne Zeit wohl unter 3:55. Aber noch ist das Ding hier nicht gegessen. Der Abzweig in den Wald kommt. Ganz hinten kann ich schon die Rampe für die Brücke erkennen. Das wird die letzte große Hürde. Da noch drüber, der Rest ist nur noch Formsache. KM48 in 5:02min, Gesamtzeit 3:42:24. Die Rampe hoch zur Brücke. Ich wußte gar nicht, dass die so steil war. Los quälen! Über die Brücke. Jetzt laufen lassen auf der anderen Seite. Ein Kontroll Fahrrad kommt mir entgegen. „Du hast die ganze Strecke für dich alleine“ ruft mir der Helfer zu. Na super! Immer noch keiner hinter mir. Ja haben die denn alle so abgebaut wie ich? Oder sogar schlimmer noch? Da waren doch noch so viele bei der 25’er Marke dicht zusammen. Mir soll‘s recht sein. KM49 in 5:24min. Die Brücke hat alles nochmal abverlangt. So jetzt rausholen was noch geht für den letzten KM. Wo bleibt nur die Einfahrt zum Gelände. Den Lärm kann man schon gut hören. Zuschauer gibt es auch wieder. Da ist der Abzweig! Vor mit der Förderturm von Prosper Haniel. Der Zielbogen. Die Zeit ist nicht so toll wie vor 3 Jahren, aber die Freude ist trotzdem genauso groß. Jetzt darf gejubelt werden! Was für eine Nummer. Das werde ich so schnell nicht vergessen. 3:52:38 ist die Endzeit. Damit kann ich sehr gut leben!



Nach 3:52:38 ist das Ziel erreicht.



Geschafft und glücklich! Jetzt erst mal in die heiße Dusche

Zum Schutz gegen die Kälte gibt es gleich ne Folie. Mir ist total übel. Schnell ein paar Tee abgebohrt und es geht besser. Weiter zum Bierstand. Mit Erdinger alkfrei Weizen kann man schon mal ein bisschen feiern. Duschen wie immer in der Bergwerkskaue mit heißem Wasser. Wunderbar! Da könne ich stundenlang duschen. Frisch geduscht noch schnell beim Urkundendruck vorbei schauen um die Platzierung und Zielzeit zu erfahren. Wie vermutet, Platz 14 insgesamt und jetzt kommt der Hit zum Abschluss:
3.Platz in der AK40! Wie geil!
Jetzt wird sich die Heimfahrt noch ein bisschen verzögern, aber das macht man ja gerne.



Auch wenn ich eigentlich nicht so der Landschaftsläufer bin, Bottrop immer wieder gerne! Vielleicht schon im nächsten Jahr.