Sonntag, 8. November 2009

10.Bottroper Ultra Marathon

Verrückt ! Nochmal ein Ultra laufen 2 Wochen nach dem Frankfurt Marathon. Aber irgendwie ja total reizvoll und nachdem das Training in der Woche nach dem Marathon soweit ganz gut verlief, melde ich mich Freitags Abends auf den letzten Drücker an. Ausgerechnet im Abschlusstraining am Freitag vor dem Ultra dann die Ernüchterung. Ziehen in der Leisten und Schambeingegend. Die alte Geschichte war wieder da ! Also dann mal wieder wie immer : K-Tape drauf, hinfahren, laufen und hoffen dass es durch die Wettkampfstimmung, Adrenalin & Co schon irgendwie klappen wird.



Sonntag morgen 3:10 Uhr, der Wecker klingelt !
Fertig machen, letzte Sachen in die Tasche packen. Schnell noch das Müsli zusammengemischt, 2 Brötchen mit Banane und Honig. Und rein damit um kurz vor 4 Uhr. Um 4:30 Uhr begebe ich mich auf den Weg zum Ikea Parklpatz in Wallau. Dort ist dann Treff mit Gabi und Andreas zur Weiterfahrt. Hier nochmal ganz besonderen Dank an Andreas, der alles auf sich genommen hat, die Strecke nach Bottrop und zurück fährt. Super anfeuert beim 25km Durchlauf, auf die Sachen aufpasst und zwischendurch noch selbst die 10km Strecke in einer guten Zeit läuft. Das war wirklich ein toller Einsatz ! Danke !
Von Wallau aus geht es dann flott in Richtung Bottrop. Aber dann ! Vollsperrung der A3 bei Köln ! Egal, dann halt eben Umleitung fahren. Aber irgendwie alles sehr seltsam. Keiner weis so richtig wie man denn jetzt dieses gesperrte Stück Autobahn umfahren soll. Ich werde schon leicht nervös. Um 9 Uhr geht es los in Bottrop. Aber mit vereinten Kräften, dem Navi, und einer hilfreichen Auskunft von einem Leverkusener Tankwart bringt uns wieder auf die A3. Voll im Zeitplan erreichen wir das Bergwerk Prosper-Haniel nahe Bottrop, von wo aus der Lauf startet. 1 Stunde Zeit für umziehen, plaudern und Käffchen. Das wäre schon mal geschafft.



noch ruhig um 8:30 Uhr. Start und Ziel Gelände vor dem Förderturm



Walter mit seinen beiden Shelties, er wird heute sein Ultra Debut in der Top Zeit von 3:55:20 laufen



Ein "Erweller" kommt selten allein - Rudi aus meiner Nachbarschaft wird heute ebenfalls sein Ultra Debut erfolgreich bestreiten



mal was anderes, Umkleide und Duschen (super warm !) in den Bergmannskauen



Kuchen und andere Leckereien bis zum Abwinken



Die 50km Ultra Strecke ergibt sich aus 2 Runden der 25km Strecke. Ebenfalls im Programm 10km und 6,8km



draußen sind es um die 4°, also lieber bis kurz vor neun im warmen warten



Bereit für den Ultra : Rudi, Gabi und Frank

Endlich es geht los. 9 Uhr morgens ca. 5 Grad. Ich entscheide mich trotzdem für kurze Hosen, super dünnes Langarmshirt + Lauf Shirt drüber.
Startschuss....
Dichtes Gedrängel am Start. Leider nimmt der Zeitchip in der Startnummer nur die Endzeit und somit verliere ich schon mal 7 Sekunden bis zur Startlinie. Der Weg führt weg von der Zeche Prosper Hainel, gleich links durch den Fernewald. Ich wurschtele mich relativ schnell nach vorne. KM1 wird mit 4:16 gestoppt. Jetzt kommt eine schmale Brücke über einer parallel zum Laufweg führenden Betriebsstraße. Den Anstieg nehme ich noch locker. Weiter geht es im Waldstück zwischen den Halden Hainel und Schöttelheide. Die Wege mit vielen Blättern und Steinen sind nicht gerade ideal zum laufen.KM2 nun sogar in 4:09min/km. Hey, langsam, langsam das geht hier sonst schief. An einer Bundesstraße geht rechts auf einem Fahrradweg weiter. Aber nur ein kurzes Stück später wird die Bundesstraße überquert und es geht wieder rein in den Wald. Der erste Verpflegungsstand kommt, doch ich lasse diesen aus. Schon längst habe ich mich von dem Hauptfeld gelöst. Nach meiner Rechnung dürfte ich zur Zeit an der 4. Position liegen. Bei dem Tempo ja auch kein Wunder. KM5 kommt und die Uhr zeigt 21:28 obwohl ich das Tempo versucht habe etwas zu drücken. Mein Plan für heute lautet Zielzeit Sub 3:50, evtl. neue Bestzeit (3:49:42) erreichen. Es ist immer noch sehr kalt. Meine Füße tauen nur langsam auf. Die Hände ebenfalls eiskalt. Aber besser jetzt frieren, als nach 10km in der Sonne schwitzen. KM6 mit 4:16 immer noch viel zu schnell. Abzweig nach rechts kommt. Es geht eine ganze Weile nur gerade aus, bis zu einer kleinen Wendepunktstrecke. Den Führenden habe ich schon nicht mehr gesehen. Der ist längst weg. Aber an den anderen beiden, da bin ich dran. Das Tempo dürfte in etwa gleich sein. Am Ende der Wendepunktstrecke kommt der Verpflegungspunkt 2. Hier jetzt zum ersten Mal Wasser aufnehmen. Brrrr. saukalt. Warmen Tee gabs auch, aber ich kann doch hier kein Tee trinken. Ich laufe die Wendestrecke runter, da sehe ich viele Läufer vom Hauptfeld kommen. So weit weg sind die also nicht. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis mich die ersten vom Hauptfeld einholen werden. Aber trotzdem jetzt nicht die Nerven verlieren, und versuchen den Schnitt mal auf ne 4:30 einzupendeln. Das aktuelle Tempo kann ich auf der Ultrastrecke unmöglich durchhalten. Weiter geht es durch das Waldstück "Kirchheller Heide". Das Tempo bleibt hoch und ich erreiche die 10km Marke bei 43:28. Wieder Abzweig nach rechts und stur geradeaus. Jetzt kommen ein paar längere Passagen in der Sonne, bis es kurz vor KM 12 wieder rechts abzweigt in den Wald. Nun wird es idyllisch, vor mir liegt der Heidhofsee. Nebel steigt aus dem Wasser auf und viele Enten im See runden dieses schöne Bild ab. Einsam laufe ich weiter am Seeufer, bis die Strecke an einer spitzen Kehre wieder vom See in den Wald wegführt. Meine Zeiten liegen nun zwischen 4:20-4:30min/km. In Sichtweite 2 Läufer. Ich komme näher ran. Versorgungspunkt 3 kommt. es ist alles nötige vorhanden. Sogar Malzbier gibt es. Ich bleibe aber bis zur letzten Versorgungsstation beim eiskalten Wasser. KM15 passiere ich bei 1:05:29. Die Strecke steigt nun etwas an, und ich schließe auf den 3. Platzierten auf. Wir plaudern kurz, und dann ziehe ich an ihm vorbei. Vor mir jetzt noch ein Läufer vom Essener Triathlon Club und ein Streckenfahrrad. Nicht mehr zu sehen ist der Führende Lokalmatador Roland Riedel vom Adler Langlauf Bottrop. Er wird heute ungefährdet die Männerwertung über 50km in 3:39:23 gewinnen. Es geht nun in Richtung Heidesee. Den größeren der beiden Seen. Ich schließe auf den Läufer vom Essener TRC auf. Wir plaudern über die Zielzeit. 3:40 will der Essener Triathlet laufen. Du liebe Güte, in welchen Regionen bewege ich mich den jetzt. Ich antworte "mit ner 3:50 wäre ich schon zufrieden". Aber tatsächlich deuten die Zwischenzeiten auf eine 3:40 hin. Ich bin viel zu schnell, und das wird mit Sicherheit ganz bitter in der 2. Runde bestraft werden. Versorgungspunkt 4 direkt am Heidesee kommt nun. Der Essener Lauffreund nimmt sich Zeit bei der Getränkeaufnahme und ich ziehe erstmal an ihm vorbei. vor mit jetzt die Fahrradbegleitung. Ich bin auf Position 2 ! Das ist ja total unglaublich ! Sicher ist das jetzt eine Momentaufnahme, doch ich geniese es ehrfürchtig in vollen Zügen. Doch nach ein paar hundert Metern kommt er wieder und wir laufen gemeinsam um den See. KM20 kommt und die Uhr zeigt 1:27:29. Der Weg um den See war nicht angenehm zu laufen, und zum ersten mal merke ich meine Füße. Nun kommen die 10km Läufer mit auf die sowieso schon sehr enge Strecke. Es folgt der übliche Slalomlauf. Der Essener Läufer setzt sich ab. Verpflegungspunkt 5, welcher gleichzeitig auch VP 1 ist, wird passiert. Jetzt geht es den Weg zurück zur Zeche. Über den Radweg an der Bundesstraße, die Steigung hoch zur kleinen Brücke über den Betriebsweg und schließlich zur 25km Wende an der Zeche. Hier ist jetzt viel los. Gute Stimmung. An 3. Position durchlaufe ich den Zielbogen in 1:49:30 zur Wende. Hier steht schon Andreas, frisch geduscht vom 10km Lauf. Er feuert noch mal mächtig an. Auf geht's in die 2. Runde. Ich fasse es nicht, ich bin Dritter im Augenblick. Jetzt kommen die ganzen Läufer/innen entgegen. Auch Gabi ist schon dabei. Sie will unter 4 Stunden die 50km laufen. Damit müßte sie eigentlich den 2. Platz in der Ultracupwertung 2009 sicher haben. Wenn Sie so weiter läuft, dann wird es reichen. Los weiter, du schaffst es ! Ich muß es ja auch irgendwie schaffen. Ich bin schon ganz schön schlapp. Das wird für mich echt eng heute. Brücke wieder hoch. Da ist er wieder, der Essener Triathlet. Ich schaffe den Anschluß. Doch was ist das, da laufen plötzlich zwei Typen ganz locker an uns vorbei ! Tja, das war ja irgendwo klar, bei der Renneinteilung ! Jetzt werden wir bestimmt im Minutentakt durchgereicht. Aber zu mindestens kann ich mich gegen den Essener behaupten und bleibe auf Position 4. Einsam geht es weiter. KM30 bei 2:11:33, KM Zeiten jetzt um die 4:25min. Die Kräfte schwinden, ich futtere verzweifelt meinen Power Riegel. Beim passieren vom Verpflegungsstand an der kurzen Wendepunktstrecke, da wird mir klar, die Verfolger kommen immer näher. Nicht aufgeben jetzt. Das Ziel unter 3:50 erreichen, das wäre doch ein Riesenerfolg, 2 Wochen nach dem Frankfurt Marathon. Dafür muß ich jetzt halbwegs das Tempo halten, nicht völlig einbrechen. Endlich KM35 bei 2:34:19. Der KM Schnitt ist längst über 4:30min. Noch 15km wie soll ich das blos schaffen ? Nun werde ich auch noch überholt auf der eintönigen langen Gerade. Aber es ist nur ein Läufer. Scheinbar haben sich die anderen auch ein wenig überpaced. Ich muß jetzt irgendwie da durch. Bald kommt der Abzweig zu den beiden Seen. Da ist wenigstens Abwechslung. Durch den schlechten Boden merke ich immer mehr die Füße. Jeder Stein wird zur Qual. Zu allem Übel macht sich nun auch die Leiste bemerkbar. Egal, diese 15km schaffe ich jetzt noch. Weit vor mir scheint ein Läufer langsamer zu werden. Ja, der hat mich kurz nach KM26 überholt. Ich kann vorbei ziehen. Wieder Platz 4 ! Rein in den Wald, Heidhofsee kommt. Aber immer mehr Spaziergänger machen es einem nicht gerade einfacher. Ich schleppe mich am Seeufer entlang. Die Spitzkehre sehr langsam genommen. KM37 in 4:56 ! Auf jetzt, weiter. Nochmal Gel rein und Wasser am Versorgungsstand aufgenommen. Wie ferngesteuert laufe ich weiter. Es zieht wieder ein Läufer an mir vorbei. Also Platz 5. KM38/ 4:41 und KM39 in 4:43min. Warum mußte ich wieder am Anfang losrennen als wärs ein Marathon. Ich lerne es wohl nie ! Jetzt gibts nur eins : Durchhalten und quälen ! Egal wie, der Zieleinlauf wird mich für alles entschädigen. KM40, 2:57:42 stehen auf der Uhr. Ich habe also noch gut 52 Minuten für 10km. Also mit einem 5'er Schnitt hätte ich mein Ziel erreicht und ganz nebenbei ne neue Bestzeit aufgestellt. Das muß doch zu packen sein ! KM 41 mal wieder in 4:35. Der Heidesee kommt näher. Noch einmal da rum, da ist es fast geschafft. Der See ist erreicht. Jetzt der Marathondurchlauf bei ca. 3:08 ! Verrückt. Um den See rum ist jetzt so viel los, dass man sich lautstark bei den Spaziergängern bemerkbar machen muß. Dieser Boden, jeder Schritt eine Qual, die Füße schmerzen, sowas habe ich in der Form noch nicht erlebt. Wie eine Art Schotter befindet sich auf dem Weg. Da wird der Fahrradweg eine wahre Erholung werden. Den Schnitt kann ich gerade so unter der 5min Grenze halten. Durchhalten, es ist nicht mehr weit. Ich bin schon rum um den See, da werde ich wieder überholt. Gleich zwei Läufer, und einer davon ist der Essener Triathlet ! "mit 3:40 wird es aber nichts mehr" rufe ich Ihm zu, "nein, das ist schon längst vorbei" kommt die Antwort. Ein bisschen neidisch auf die bessere Einteilung der beiden bin ich schon, aber was soll ich jetzt dran ändern. Platz 7 und noch gut 4km zu laufen. Letzter Versorgungsstand, jetzt nehme ich Cola. 4km noch. Immer wieder überhole ich langsame Läufer aus der 1.Runde oder vom 25km Lauf. Keine Ahnung welche Distanz die noch vor sich haben. Um mich von meinen eigenen Qualen abzulenken, muntere ich die meisten von Ihnen mit ein paar "Durchhaltesprüchen" auf. Endlich auf dem Fahrradweg, weit kann es nicht mehr sein. Abzweig in den Wald kommt. Das können jetzt höchstens noch 2km sein. Da kommt die Marke 3:36:43. Durchhalten, es wird eine neue Bestzeit. Keiner hinter mir. Ich werde auch den 7. Platz halten können, wenn ich mich jetzt zusammenreiße. Schlimmer wie die letzten beiden KM in Frankfurt kann es ja nicht werden. Auf den letzten Reserven schlurfe ich in Richtung Zeche. KM49 nochmal mit 4:38min/km absolviert. Ich komme der Zeche immer näher. Der Lärm der Zuschauer ist zu hören. Abzweig zur Zeche, ich kann den Förderturm sehen. Was für ein genialer Anblick. Das Ziel kommt. Ich habe es geschafft. 50km in neuer Bestzeit 3:46:30 handgestoppt. Ich bin völlig fertig, aber überglücklich. Sofort bekommt man eine Tüte gegen die Kälte gereicht. Glückseligkeit im Zielauslauf. Für diese Momente würde ich mich immer wieder quälen. Das entschädigt einfach für jeden Schmerz. Ich kann kaum noch zum Bierstand laufen, aber das kratzt mich jetzt nicht mehr. Jetzt wird gefeiert. Prost Andreas, danke für den super Support, prost Essener Triathlet. Jetzt kommt noch Walter dazu. Glückliche Läufer, wohin man auch schaut. Getoppt wird das ganze noch durch den Einlauf von Gabi in 3:58:53. Sie hat es geschafft. Glückwunsch. Das bedeutet Platz 2 in der Ultracupwertung der Frauen.



Die 50km von Bottrop sind geschafft. Das Bild täuscht, ich bin total im Eimer

Nach dem Duschen mit annehmen warmen Wasser gibt es Erbsensuppe, Kuchen und natürlich die Siegereherung. Für mich reicht es diesmal zu Platz 1 in der Altersklasse M35. Ein Podestplatz in der AK hatte ich mir schon ausgerechnet. Aber das es Platz 1 ist, hätte ich vor dem Lauf nicht für möglich gehalten. In der Deutschen Ultracupwertung der Männer kann ich mich noch auf Platz 18 verbessern.
Ein schöner Tag, da steht man doch gerne mal um kurz nach 3 in der Nacht auf.